Der alte Flugplatz – Zwangsarbeiter mitten im Taunus

Der alte Flugplatz – Zwangsarbeiter mitten im Taunus

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Beim Wandern in der Nähe von Merzhausen im Usinger Land fallen mir lauter kleine Tümpel im Wald auf. Nach einem ordentlichen Regen gibt es viele kleine Teiche am Wegesrand. Komisch, wo die wohl herkommen. Zu Hause klärt mich jemand auf. Das sind alles Bombenkrater. Hier war doch mal ein Militärflughafen in den 30er und 40er Jahren. Was, bei uns im Wald? Ich sah keine Landebahnen, keinen Tower.

Neugierig geworden wanderte ich noch einmal in der Nähe von Merzhausen. Und tatsächlich. Mehrere breite Betonplatten am Waldrand. Da hatte man Militärflugzeuge in der Deckung der Bäume getarnt und versteckt. Eine richtige Landebahn aus Beton gab es nie, aber eine sehr breite Wiese am Waldrand. Ein als Bauernhof getarntes Flughafen-Verwaltungsgebäude im Fachwerkstil – und eine Holzbaracke. Die SS brachte dort Häftlinge aus Luxemburg hin, die das ganze Gelände unter Hochdruck noch kriegstauglicher herrichten mussten. Die Zwangsarbeiter. Sie verlängerten die Landebahn mit Hacken und Schaufeln. Eine ganze Weile suchte ich nach einem Hinweisschild, bis ich es schließlich fünf Meter von der Straße entfernt fand. Ungeplant und ungewollt war ich auf diese Kriegsgeschichte gestoßen. Von wegen lauter kleine Tümpel im Wald! Weihnachten 1944 wurde dieser getarnte Flughafen zerbombt.

Daher die vielen Krater, heute kaum mehr als solche zu erkennen. Manchmal kommt der Krieg einem näher ins Bewusstsein. Oft scheinen Kämpfe und Gräueltaten ganz weit weg: Ukraine, Irak, Syrien, Nigeria. Man kann im Fernsehen und im Radio umschalten. Doch hier, ganz in der Nähe, haben im Krieg Menschen bei uns gelitten, wurden geschunden. Gegen ihren Willen haben sie als Sklaven geschuftet. Einige Namen der Zwangsarbeiter sind festgehalten: Josef König, Artur Paulus und Marcel Engel. Die haben überlebt. Andere nicht. Manchmal kommt der Krieg einem näher als man denkt. Aber auch das Einsetzen für den Frieden. Für Menschenrechte. Und gegen jede Form von Krieg.

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