Feindesliebe: Zum Buß- und Bettag

Feindesliebe: Zum Buß- und Bettag

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Ein guter Tag zum Beten und Nachdenken ist heute. Ich möchte über Feindesliebe nachdenken. Ist nicht leicht. Jesus hat das gesagt. „Ich habt gehört, Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage Euch: Liebet Eure Feinde!“ (Matthäus 5, 43 f.) Ja, ich möchte. Aber: Muss ich das? Kann ich das?

Kann ich wirklich Feinde - lieben? Selbst am heutigen Buß- und Bettag, wo ich in mich gehen möchte, nagt diese Einladung an mir, den Feind zu lieben. Muss ich das? Kann ich das? Lieber würde ich über etwas Anderes nachdenken. Etwas Leichteres. Dann aber: die schockierenden Bilder aus wüsten Gegenden im Nahen Osten. Köpfe werden abgeschlagen. Menschen gekreuzigt. Versklavt und unterdrückt. Wie kann ich lieben, wo da doch nur Hass und Wut ist? An solchen Stellen fragen meine Konfirmanden: Bin ich Jesus? Ich kann das nicht, sagen sie. Und ich kann das nachvollziehen.

Wir sprechen dann weiter darüber, dass Feindesliebe nicht heißen kann, dass man dem Bösen seinen Lauf lässt. Und trotzdem: Wir strengen uns an, Zeichen gegen die Feindschaft zu finden, die wir selbst setzen können. Denn: Jeder einzelne Mensch ist ein Ebenbild Gottes, auf jeden Fall so geschaffen, so von Gott gemeint. Es muss mehr geben, als einfach andere Menschen, ganze Gruppen, ganze Völker Feinden zuzuordnen. Liebe kann doch verändern, selbst jemanden, den ich wie einen Feind betrachte.

Das merke ich an mir selbst, wenn ich mich mit meinen Ängsten auseinandersetze. Die Wogen des Hasses schwappen bis  zu uns. Es ist wohl so: Menschen, die anders aussehen, zum Beispiel schwarz gewandet, lange Bärte, machen vielen Angst. Aber was wissen wir denn wirklich von ihnen, sehen wir sie wirklich noch an? Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild!

Schlimm wird es, wenn Vorurteile zu betonfesten Urteilen werden. Dagegen kann ich etwas tun. Zuerst bei mir selbst. Ich möchte mir heute am Buß- und Bettag vornehmen, im Beten Kraft zur Liebe zu tanken, mir Kraft zur Liebe holen. Da, wo ich lebe, versuchen zu lieben. Grad die, die auf den ersten Blick so ganz anders sind. Ich möchte bewusst lieben, um zu verändern. Und ich weiß, dass es zusammengehört, Gott lieben und den Nächsten, sogar meine Feinde – aber auch mich selbst.

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