Es gibt keinen großen Frieden ohne kleine Schritte

Es gibt keinen großen Frieden ohne kleine Schritte

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Heute vor genau 60 Jahren, am 4. November 1954, nimmt der 79-jährige Albert Schweitzer in Oslo den Friedensnobelpreis entgegen. Den hatte man dem in der ganzen Welt berühmten ‚Urwalddoktor‘ aus Lambarene für sein Lebenswerk im Dienst an den Kranken in Afrika verliehen.

Vor gut drei Wochen wurde bekannt, dass der diesjährige Friedensnobelpreis an Malala Yousafzai geht. Das 17jährige Mädchen aus Pakistan ist die jüngste Preisträgerin in der Geschichte des Nobelpreises. Malala hatte sich schon mit 11 Jahren dafür eingesetzt, dass auch Mädchen zur Schule gehen dürfen. Um sie zum Schweigen zu bringen, haben Talibankämpfer ihr auf dem Schulweg in den Kopf geschossen. Das hat das Mädchen aber nicht von ihrem Weg abbringen können.

In beiden Fällen – 1954 und 2014 – ist der Preis ein Zeichen des Respekts, den die Preisträgerin und der Preisträger verdienen: sie haben sich ohne Furcht engagiert, um ein Stück Frieden und ein wenig mehr Gerechtigkeit herzustellen. Ein solcher Preis kann auch als Auftrag verstanden werden: lasst nicht nach, knickt nicht ein, bleibt dem Frieden verpflichtet. Bei der 17jährigen Malala kann man davon ausgehen, dass sie sich furchtlos weiter für Bildungschancen von Mädchen und Frauen,  nicht nur in ihrer Heimat Pakistan einsetzen wird.

Bei dem fast achtzigjährigen Albert Schweitzer hatte man damals wohl eher damit gerechnet, dass er sich nun bald zur Ruhe setzen würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Als er am 4. November 1954 seine Dankesrede hält, wendet er sich einer ganz neuen Bedrohung des Friedens zu, der Atomrüstung. Albert Schweitzer fühlte sich zunächst eigentlich nicht dazu berufen, sich zu diesem Thema zu äußern. Aber Freunde, unter anderem Albert Einstein, hatten Schweitzer gedrängt, sein Renommee nutzen, um auf die globalen Gefahren der nuklearen Verseuchung aufmerksam zu machen.

In Radioansprachen, Briefen und in einer gemeinsam mit anderen verfassten Resolution an die Vereinten Nationen – Schweitzer wandte sich entschieden gegen jede atomare Rüstung. Immer klarer war ihm inzwischen geworden, dass es hier um eine wirkliche Menschheitsfrage geht. Zugleich verwendet er das Preisgeld des Friedensnobelpreises, um für 150 Leprapatienten in Lambarene eine neue Unterkunft zu bauen. Auch das war für ihn eine Menschheitsfrage. Der alte Albert Schweitzer und die junge Malala Yousafzai sind mit ihrem Einsatz für den Frieden wunderbare Vorbilder und große Persönlichkeiten.

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