Schiffchen basteln für Flüchtlinge
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Schiffchen basteln für Flüchtlinge

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

In Gießen gab es diese Woche in der Erstaufnahme für Flüchtlinge keine Decken mehr, keine Betten und auch nichts mehr zu essen. Über vierhundert Flüchtlinge waren unangemeldet gebracht worden. Kinder weinten vor Hunger. So schnell es ging, haben Mitarbeiter Betten in Zelten aufgebaut. Das Rote Kreuz sorgte für heiße Kartoffelsuppe.

Bei uns in Schmitten im Taunus leben vierzig Flüchtlinge: Syrer, Iraker, Somalis, Eritreer. Wenn ich jedem einzelnen ins Gesicht schaue, ist sein Leid konkret. Es ist keine Zahl. Sie haben Schlimmes hinter sich, manche sind traumatisiert. Ich hab’s gemerkt, als in unserer Nachbarstadt zwei in der Fußgängerzone von der Polizei kontrolliert und durchsucht wurden. Es kamen Schaulustige und weitere Beamte. Bei den Flüchtlingen war alles korrekt, Papiere o.k., es war ihnen nichts anzulasten. Trotzdem: nach dieser öffentlichen Prozedur fiel der Eine auf der Straße bewusstlos um. Traumatisierte Menschen werden Vergangenes nicht einfach los. Da waren grauenvolle Erlebnisse wie Folter. Eine der Frauen bei uns hat auf der Flucht ihr Kind verloren. Da waren Wunden und seelische Narben und es werden noch mehr.

Es gibt aber auch Hoffnungszeichen: Der Fußballverein schenkt einem jungen Flüchtling eine Fußballausstattung. Er trainiert jetzt mit beim Verein. Mit der Sprache war‘s noch schlecht, aber Fußball geht auch ohne viele Worte. Der „Freundeskreis Asyl Schmitten“ ist entstanden. Mitglieder nehmen Flüchtlinge mit in den nächsten Supermarkt. Es gab ein Sommerfest. Deutsch wird unterrichtet. Es wird gemeinsam gekocht, probiert, genascht. Da lachen Menschen wieder, die es verlernt hatten. Besonders die Kinder blühen auf.

In ein paar Tagen werden wir in unserer Gemeinde Papierschiffchen falten, öffentlich, an einem belebten Platz. Eine Idee von Amnesty international. Die Boote sind ein Zeichen für Rettung. Und dafür, dass sich Europa nicht abschottet. Zwei Flüchtlinge wollen auf die Papier-Boote schreiben: „Danke fürs Willkommen!“ und dann Passanten überreichen. Jugendliche aus der Gemeinde planen, die Worte draufzuschreiben, die auf einem Banner am Gemeindezentrum hängen. Es sind Worte aus der Bibel: „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr, euer Gott.“ (3. Mose 19,34)

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