Wer was sammelt, sollte wissen wozu
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Wer was sammelt, sollte wissen wozu

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Briefmarken, Bierdeckel, Schmetterlinge oder kitschige Tassen – es gibt wahrscheinlich nichts, was nicht von irgendeinem Menschen auf der Welt gesammelt wird. Manches ist kurios, anderes lässt mich staunen, wie die Sammlung des Cornelius Gurlitt, der vor vier Wochen gestorben ist. Der allein lebende alte Mann  hatte eintausendfünfhundert wertvolle Bilder in seiner Wohnung gehortet. So viele! Warum konnte er die Kunstwerke nicht auch anderen zugänglich machen?

Dinge zu sammeln ist ein archaisches Verhalten, das schon den Urmenschen geholfen hat zu überleben, diesen Jägern und – eben – Sammlern. So nützlich es ist, – es hat offensichtlich auch eine dunkle Seite. Manche Menschen brechen unter ihrer Sammelei förmlich zusammen, können sich von nichts trennen und leben schließlich in einer vollgestopften Wohnung mit Zeitungen, Konservendosen und Plastiktüten. Das sogenannte Messie-Syndrom ist aber nur die extreme Variante. Dass Menschen zu viel sammeln, weil sie denken, dass sie immer mehr zum Leben und zum Überleben brauchen, wird schon in biblischen Zeiten beobachtet und kritisiert.

In einem Psalm steht: „Die Menschen machen sich viel vergebliche Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es einbringen wird.“ Das heißt  nicht, dass das Sammeln nicht auch schön und nützlich sein kann. Auch dafür gibt es biblische Beispiele. So haben die Ägypter eine lange Hungersnot nur überlebt, weil sie dem Rat Josefs folgten und vorsorglich jahrelang Ernteüberschüsse gesammelt und eingelagert hatten.

Ein Sozialpsychologe aus München, Dieter Frey, weist darauf hin, dass der menschliche Sammeltrieb sich auch auf das Sammeln von Erfahrungen bezieht. Erst dadurch gewinnt man Orientierung, weiß, was gut und richtig ist oder eben falsch. Man schaut auf schmerzhafte oder glückliche Erfahrungen und entscheidet sich dann entsprechend.

Zum sinnvollen Sammeln gehört immer auch, dass ich sortiere und auswerte: Ob es nun Briefmarken oder Erfahrungen sind. Es gilt die biblische Frage, „wer oder was wird es einbringen?“ Auch wenn die Menge gesammelter Erfahrungen noch so groß ist, nützlich werden sie mir erst sein, wenn ich sie ordne, gewichte und – eben: „einbringe“ in meine Lebensperspektive.

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