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Caroline Link wird 50

Caroline Link wird 50

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Frauen, die große Filme machen – erst ganz allmählich werden es mehr. Lange war es überwiegend Männersache, Regie zu führen und Drehbücher zu schreiben. Eine der erfolgreichsten deutschen Regisseurinnen ist Caroline Link. Sie kam heute vor genau 50 Jahren im hessischen Bad Nauheim zur Welt.

Ich erinnere mich noch gut an ihren ersten Film von 1996: „Jenseits der Stille“. Der hat mich sehr bewegt. Ich habe heute noch Szenen und Bilder vor Augen. Er erzählt die Geschichte von Lara, der hörenden Tochter gehörloser Eltern. Sie wächst in einer zweisprachigen Welt auf. Mit den Eltern kommuniziert sie in Gebärdensprache. Mit den anderen in Lautsprache.

In diesem Film leuchtet die Welt der Hörenden und die Welt der Stille in wunderbaren Szenen auf. Ich sehe, wo die Chancen und die Grenzen der Welt der Eltern und der Welt der Tochter liegen. Als Lara die Musik für sich entdeckt, entfernt sie sich mehr und mehr vom stillen Leben der Eltern. Es geht um den Selbstfindungsprozess eines jungen Menschen. Der Film ist für mich vor allem aber ein Plädoyer dafür, unvereinbar erscheinende Welten auszuhalten und zu verstehen.

Lange hat man gehörlose Menschen ausgegrenzt. Ihre besondere Weise zu kommunizieren ließ sie wenig geeignet erscheinen, in der Welt der Hörenden zurechtzukommen. Man hat das für völlig unmöglich gehalten, dass Gehörlose ein Universitätsstudium absolvieren oder als Abgeordnete im Bundestag sitzen. Caroline Link hat mit ihrem wunderbaren Film viel dazu beigetragen, dass sich das ändert.

Dieser erste Film hat gleich eine Oscar-Nominierung erhalten. Und mit ihrem dritten Spielfilm hat sie die begehrte Trophäe dann wirklich gewonnen: 2003 bekommt „Nirgendwo in Afrika“ den Oscar. Auch in diesem Film, der die Geschichte eines deutschen Mädchens in Kenia erzählt, begegnen sich zwei sehr unterschiedliche Welten.

Caroline Link wirbt in diesen beiden großen Werken für Respekt vor einer jeweils fremden Welt: Was anders ist, als ich es kenne, soll in meinen Augen nicht weniger wert sein als das, was mir vertraut ist. Das ist eine wunderbare und wirklich Oscar-würdige Botschaft, die um Toleranz wirbt und Mut macht, neugierig auf Menschen zuzugehen, die anders leben, als es meiner eigenen Tradition und meinen Gewohnheiten entspricht.

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