Bin ich schön oder hässlich?
„Bin ich schön?“ Man ist frisch geduscht, hat Zähne geputzt, sich rasiert und die Haare in Form gebracht, soweit man welche hat. Vielleicht noch Aftershave und Creme im Gesicht verteilt. Jetzt schaut einen das fertige Werk im Spiegel an. Das bin ich. Zumindest heute. Bin ich schön?
Das fragt sich nicht jeder und auch nicht jeden Morgen. Aber ich bin ziemlich sicher: Jeder kennt die Frage. Sie lässt sich nicht so leicht beiseiteschieben, auch wenn man sagt: „Es zählt ja nur die innere Schönheit“ oder „es kommt doch nicht auf Äußerlichkeiten an!“ Kommt es anscheinend doch.
Es gibt Studien, die belegen, dass attraktive Menschen die besseren Jobs bekommen und besser bezahlt werden. Immer mehr und immer jüngere Menschen wollen die Antwort wissen: „Bin ich schön oder hässlich?“ Wenn man bei youtube „pretty or ugly“ eingibt, bekommt man über 250.000 Ergebnisse. Mädchen schon ab sieben Jahren und viele Teenager stellen Videos von sich ins Netz.
Sie haben sich schön gemacht und fragen in die Kamera: „Hallo Leute! Sagt mir, ob ich hübsch oder hässlich bin!“ Und sie bekommen eine Flut an Antworten auf die Frage. Nette: „Klar, du bist total hübsch!“ Gut gemeinte Tipps: „Ja, aber deine Nase ist ein bisschen schief. Mit geschicktem Make-up kannst du das verdecken.“ Oder fiese Kommentare: „Bring dich lieber um!“
Nadja Schlüter ist eine junge Journalistin und ist diesen youtube-Videos nachgegangen.1 Über die Beschimpfungen kann man lachen, hat sie herausgefunden. Schwerer zu verkraften sind die gut gemeinten Tipps: Was ist mit meiner Nase? Ist sie wirklich schief? Die Frage nagt an einem.
So, wo sortiere ich nun mein Spiegelbild heute ein? Die beste Schönheitspflege, finde ich, ist eine Mischung von Gloria Gaynor und Psalm 139: „I am what I am. I don’t want praise, I don’t want pity.“ Ich bin, was ich bin. Ich will kein Lob, ich brauch kein Mitleid. Und: „Gott, ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin.“ (Psalm 139, 14) Bitte mehr davon! Und dafür bitte möglichst viele Klicks und Likes!
