Schmetterling

Schmetterling

Martin Vorländer
Ein Beitrag von Martin Vorländer, Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Wie ist das mit den Schmetterlingen? Das habe ich mich dieses Jahr gefragt, nachdem der Winter praktisch ausgefallen war, der Frühling so früh begonnen hat und an einigen Tagen gleich in den Sommer überging. Wann fliegen die ersten Schmetterlinge? Also habe ich nachgelesen: Das ist von Schmetterlingsart zu Art ganz verschieden. Pfauenauge und Zitronenfalter überwintern als ausgewachsene Schmetterlinge und flattern los, sobald es nur ein bisschen wärmer draußen ist.

Andere verbringen den Winter wohlig warm als Puppe. Jetzt im April verwandeln sie sich in Schmetterlinge. Sie gelten als Frühlingsboten und haben  so klangvolle Namen wie Aurorafalter oder Landkärtchen. Und dann gibt es schließlich die, die sich das Frühjahr hindurch als kleine Raupe nimmersatt genüsslich an Blättern vollfressen. Wie so eine Raupe merkt, dass ihre Zeit gekommen ist? Jedenfalls verpuppt sie sich irgendwann. Die Puppe hängt wie tot im Geäst. Drinnen im Kokon findet ihre Verwandlung statt. Alles Raupenhafte wird zu Falterorganen umgebaut. Nach zwei bis vier Wochen ist aus der borstigen, gefräßigen Raupe ein Schmetterling geworden. Faszinierend! Immer schon.

In der Antike war der Schmetterling ein Sinnbild für die Seele und hieß auch so: Die alten Griechen nannten ihn Psyche, übersetzt also Seele. Wie der Schmetterling seine Puppe, so lässt die unsterbliche Seele den Körper hinter sich. So die antike Vorstellung. Im Christentum wurde der Schmetterling zu einem Symbol für die Auferstehung. Er führt mit seiner Leichtigkeit vor Augen, was an Ostern so unglaublich scheint: Nach dem Tod kommt völlig neues Leben. Leben in einer Form, wie man es sich vorher nicht vorstellen kann. Neues Leben, wie man es sich auch im Alltag wünscht.

Wenn der Schmetterling nach der Phase, in der er wie abgestorben ist, aufersteht als ein neues Geschöpf, warum nicht auch ich? Es gibt Zeiten der Veränderung, da würde ich am liebsten ein Schild am eigenen Ich anbringen: „Wegen Umbau geschlossen“. Und dann mit neuer Form auftauchen aus dem Kokon. Jeden Tag und am Ende meines Lebens? Manchmal der notwendige Rückzug ins eigene Ich und dann schließlich der Tod wie eine Zeit der Verpuppung. Auferstehen zu neuem Leben. Unvorstellbar zauberhaft wie ein Schmetterling.

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