Karl der Größte
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Karl der Größte

Kurt Grützner
Ein Beitrag von Kurt Grützner, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel

Wer ist der Größte unter uns? Diesen Streit gab es auch schon unter den Jüngern Jesu (Mt. 18,4f) Um ihn zu schlichten, stellte Jesus ein Kind in ihre Mitte und sagte: „Wer sich selbst erniedrigt und wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.“

So soll es eigentlich sein – auf Erden. Und trotzdem gibt es den Kampf, wer wohl der Größte sei, seitdem es Menschen gibt. Einer nannte sich selber so: Karl der Große. Heute, am 28. Januar vor 1200 Jahren starb er. Das war also im Jahr 814! Bonifatius war gerade erst im nordhessischen Fritzlar vorbeigekommen und hatte die Donareiche gefällt. Er wollte unseren Vorfahren, den Chatten zeigen, dass keine Gottheit darin wohnt, sondern dass es nur einen Gott gäbe, den Vater Jesu Christi. Zu dieser Zeit regierte der große Karl schon.

Im Jahr 800 aber, da wurde Karl zum Größten in Europa: Papst Leo der III. setzte ihm in Rom die Kaiserkrone auf.

Nachgezeichnete politischer Landkarten seiner Regierungszeit können Bewunderung und Erschrecken zugleich auslösen. Ein Herrscher von Frankreich bis nach Ungarn, von der Nordseeküste bis in die Mitte Italiens. Und alle einen Glaubens. Bei mir überwiegt das Erschrecken.

Seit 1950 wird – in Erinnerung an den größten Karl, den wir je hatten - der Karlspreis in Aachen verliehen. Ihn bekommen Menschen, die sich um die Einheit Europas in unseren Zeiten verdient gemacht haben. Helmut Kohl hat ihn bekommen, Angela Merkel auch. Und der EURO selbst, unser neues und manchmal schwieriges Geld, hat den Preis des Größten auch bekommen.

Keine Frage: Wir brauchen große Karls und Katarinas. Und Karl der Große hat wirklich viel erreicht: quasi eine einheitliche Verwaltung dieses Riesengebietes. Vor allem aber die Bildung: die hat er unzweifelhaft vorangebracht.

Denk ich aber an Europa heute, dann gefällt mir der bunte Teppich vielfältigster Kulturen, Religionen und Traditionen besser. Diese Vielfalt ist unser europäischer Reichtum. Ihn bei aller notwendigen Einheit zu bewahren ist ein lohnendes Ziel. „Und wer der größte sein will, der erniedrige sich selbst wie dieses Kind.“ Mit dieser Orientierung kann Vielfältigkeit wachsen.

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