Selig in den Armen von anderen (Richard Wagner)
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Selig in den Armen von anderen (Richard Wagner)

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel

Kleiner Mann ganz groß – das gilt auch für Richard Wagner, der in der Musik ein Riese ist, körperlich aber nur um einen Meter sechzig groß war. Heute würde der Leipziger 200 Jahre alt. Und bleibt umstritten wie kaum einer, der jemals Noten aufs Papier brachte. Lange wurde er gefeiert, dann verflucht. Weil er böse Texte gegen Juden geschrieben hat, und weil Adolf Hitler und sein mörderisches Gefolge Wagner liebten wie nichts anderes auf der Welt. Es brachte sie in Verzückung. Was kann Wagner dafür, dass Hitler ihn liebte? Gar nichts. Da war Wagner schon fünfzig Jahre tot. Trotzdem bleibt an allem etwas hängen, was Hitler liebte. Und wer so unsinnig gegen „Juden in der Musik“ schrieb wie Wagner, muss auch ertragen, wenn er in falsche Hände und Herzen gerät.

Wagner selbst war selten von dieser Welt, außer es ging um Geld, das meistens fehlte. Wie gut, dass es Fürsten und Könige gab, die immer mit großen Summen aushalfen. Damit Musik entstehen konnte, neue Musik, bisher ungehörte Musik aus anderen Welten, manchmal himmlische Klänge. Auf der Bühne tummeln sich Elfen oder Zwerge dazu, helle und dunkle Ritter, Liebende aller Altersgruppen – immer mit einem Ziel: Erlösung von der Welt; Gottesnähe. Oder einfach: Selig sein in den Armen von anderen. Dazu war Wagner jedes Mittel recht, auch Wutgebrüll gegen Musiker, die ihm nicht gehorchten. Genies nehmen manchmal keine Rücksicht, auf Kollegen nicht, auf Ehefrauen und Kindern nicht. Gefährlich sind Genies, wenn sie ihrem Größenwahn freien Lauf lassen. Wagner lebte gelegentlich am Rande des Wahns, bis hinein in die Kleidung, die eher einem König glich als einem Musiker.

Trotz allem bleibt er ein großer, der körperlich kleine Richard Wagner. Seine Musik, die in Bayreuth und anderswo Tausende anlockt, hat etwas bewirkt: Dass Sehnsucht bleibt; und immer diese Hoffnung: Dass Gott uns erlöst von den Schrecken der Welt. Vielleicht durch einen Klang, unerhört schön.

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