Liebe und Zorn
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Liebe und Zorn

Ein Beitrag von Christof Hartge, Alt-Wildungen

Es gibt Menschen, die engagieren sich für ihre Stadt, für das Dorf. Eines Tages gibt es Ärger, sie werden wütend und treten zurück: Aus dem Ortsberat, aus der Feuerwehr, dem Kirchenvorstand und allem. Allen denen, die das schon erlebt haben, möchte ich eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte von Jona, dem Propheten. Ich erzähle ihnen nicht die Geschichte vom Walfisch und wie Jona verschluckt und wunderbar errettet wird. Ich will den Schluss erzählen. Den wunderbaren und fröhlichen Schluss der Geschichte:

Als Jona aus dem Bauch des Walfisches heraus war, tat er das, was Gott ihm aufgetragen hatte. Er ging nach Ninive, der großen und bösen Stadt. Er stellte sich mitten auf den Markt und verkündete: Gottes Zorn ist so groß. Die Stadt wird untergehen in Feuer, Schwefel und Meteoriten. Nachdem Jona so gepredigt hatte, ging er wortlos aus der Stadt, setzte sich in sicherer Entfernung hin und wartete. Er sah nicht, dass die Leute in der Stadt sich trafen. Er hörte nicht, wie der König der Stadt zur Umkehr rief. Jona saß draußen in der Sonne. Es geschah nichts. Die Stadt lag genau so ruhig da wie vorher. Er wurde wütend und begann zu schimpfen: „Ich wusste es, Gott, mein Herr, dass du gnädig und barmherzig bist“, brach es aus ihm heraus. Ich habe das Gericht angekündigt - in deinem Auftrag - und jetzt du bist geduldig und von so großer Güte! Du kannst gleich meine Seele haben, die halten mich alle für den letzten Depp, ich schmeiß dir den Bettel hin!“ Gott schwieg dazu. Er ließ zwei grüne Keimblätter aus dem trockenen Boden emporwachsen. Hoch und höher wuchs die Pflanze über Jonas Kopf und breitete ihre Blätter aus. Ihr lichter Schatten tat Jona wohl. Er wurde müde. In der Nacht ließ Gott einen Wurm durch die Erde kriechen, der fraß an der Wurzel. Als Jona aufwachte, stach ihn wieder die Sonne, denn die Blätter der Pflanze hingen traurig herab. Jona blinzelte und wurde wieder zornig. Da sprach Gott: „Jona - ist es dir leid um die Pflanze? „ Ja“ antwortete Jona. „Siehst du Jona, dir ist es leid um eine Pflanze. Sollte es mir nicht leid sein um eine ganze Stadt mit allen Menschen, die darin wohnen?“

Damit endet die Geschichte und endet das Buch vom Propheten Jona. Was nicht endet, ist Gottes Liebe. Selbst als er zornig ist, liebt er. Denn wären ihm die Menschen der Stadt egal, bräuchte er keinen Propheten zu senden, der das Gericht ansagt. Aber er lässt sich von seinem Zorn nicht überwältigen. Er ist so frei, neu mit den Menschen von Ninive zu beginnen, die doch im Großen und Ganzen die Alten sind. Das ist es, was ich Ihnen heute Morgen sagen wollte.

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