Kurt ist so einer
Manche leben nicht richtig und wissen doch alles. Kurt ist so einer. Ich nenne ihn Lebensdarsteller. Er lebt wenig, weiß aber viel. Er kennt die besten Strände in der Welt, war selber aber nie da. Er weiß immer, wo es gut schmeckt, obwohl sein letzter Besuch zwanzig Jahre her ist. Alle Lebensfragen der anderen erledigt er mit einem Ruck. Die eigenen stellt er sich lieber nicht. Eben ein Lebensdarsteller. Schaut man etwas tiefer, ist Kurt unsicher. Seine Sicherheit ist vorgetäuscht, Gewissheiten klingen nur so. Alle sind gut beraten, seinen Vorschlägen besser nicht zu folgen. Wenn er sagt: Wir gehen nach links, sollte man möglichst nach rechts gehen. Da kommt man eher ans Ziel. Lebensdarsteller machen vor, alles zu wissen. In Wahrheit wissen sie wenig. Sie geben sich stark. Weil sie schwach sind.
Sie wagen es aber nicht, schwach zu sein. Sie halten nicht aus, etwas nicht zu wissen. Ihr Bild von sich heißt: Wissen, stark sein, Können. Anders können sie kaum leben. Sie müssen so tun, als ob. Kurt ist so einer. Wenn man ihn ertappt in einem eher schwachen Moment, ist das für ihn wie die Hölle. Dann lenkt er ab und kommt auf ein Thema, wo er Bescheid weiß, angeblich. Er stellt Leben dar, das er kaum kennt. Er weiß sogar das, was er nicht weiß. Weil er nicht schwach sein will. Kurt ist so einer. Bei ihm gibt es nie Schwäche oder Fragen.
Schwach sein klingt wie Niederlage. Meistens jedenfalls. Bei mir nicht. Wenn Kurt vom Leben redet, höre ich auf die Worte hinter seinen Worten. Auf das, was er meint, aber nicht sagt. Eigentlich will er nur, dass ihn jemand lieb hat, auch wenn er Fehler macht. Kurt könne so einer sein, den man einfach lieb hat. Wenn er es zuließe. Er muss nicht alles können und wissen und nichts besser wissen. Ist einfach liebenswert, gerade bei seinen Schwächen. Gott will niemand, der sich aufplustert. Macht Schwache stark, allein durch Liebe. Ich will mal sehen, ob ich dabei helfen kann.