Die Frage, ob es Gott gibt
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Die Frage, ob es Gott gibt

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel

Neulich war großer Streit im Kindergarten. Ein Mädchen sagt: Gott ist immer da und passt auf. Ein Junge lacht laut. Gott gibt’s gar nicht, sagt der Junge. Jetzt kriegen alle Kinder große Ohren und hören auf zu spielen. Doch, sagt das Mädchen. Mein Papa sagt: Gott passt auf mich auf. Wieder lacht ein Junge. Jungens provozieren gerne. Vor allem die Mädchen. Gott gibt’s gar nicht, sagen jetzt ein paar Jungen. Klar gibt’s Gott, sagt jetzt ein Junge. Der Streit ist in vollem Gange. Alle Kinder wissen etwas. Von den Eltern, von Oma und Opa, vom Kindergottesdienst. Hin und her gehen die Meinungen. Bis ein Junge laut ruft: Los, wir stimmen jetzt ab. Wer glaubt, dass es Gott gibt? Ein paar Kinder heben die Hand. Wer glaubt nicht, dass es Gott gibt? Jetzt melden sich andere. Es sieht nach Unentschieden aus.

Eine großartige Idee, finde ich. Kinder sind raffiniert. Sie können sich nicht einigen. Darum holen sie einen Trick aus der Tasche. Stimmen einfach ab. Sie können die spannende Frage der Weltgeschichte nicht beantworten - wie die Erwachsenen - und lösen das durch eine Abstimmung. Herrlich. Und nicht schlecht gedacht, wenn wir ehrlich sind. Die Frage, ob es Gott gibt, ist nicht zu lösen. Da schwanken die Antworten - mal so, mal so. Heute glaube ich das. Morgen zweifle ich wieder. So ist das.

Und ist auch nicht schlimm. In Erwachsenen stecken ja kleine Kinder. Manchmal hoffe ich, dann wieder bin ich unsicher. Wie ein Kind. Der Trick der Kinder ist darum genial. Manchmal reicht kein Unentschieden, dann muss ich bekennen. Ja, ich will glauben: Es gibt Gott. Er passt auf mich auf. Die Welt sieht anders aus, wenn ich mich zu etwas bekenne. Wenn ich eine Haltung einnehme, mich entscheide. Ich glaube sogar: Gott ist näher, wenn ich zu ihm halte. Ich will mein Leben ansehen, als sei Gott da. Einfach an ihm festhalten, auch wenn ich unsicher werde. Festhalten an seiner Güte, seiner Fürsorge. Vielleicht sieht mein Leben dann heller aus, irgendwie freundlicher. Könnte ja sein. Dann hätte ich gut entschieden.

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