Der Nörgler
Bildquelle Pixabay

Der Nörgler

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel

„Was für ein Nörgler , der findet überall ein Haar in der Suppe“ – so ein Stoßseufzer entfährt mir, wenn ich an Klaus denke. Es gibt Menschen, die finde ich schwierig, schwer, mit ihnen auszukommen. Am liebsten mache ich einen großen Bogen um sie. Ständig sind sie unzufrieden und finden etwas auszusetzen. Ihre schlechte Laune ist wie Wasserdampf, der durch alle Ritzen zieht. Von so einem Menschen erzählt Johann Peter Hebel schon vor über zweihundert Jahren.

Ja, erzählt er, das gibt es: Menschen, mit denen man nicht auskommt. Aber diese Menschen sind eigentlich gar nicht schlimm, nur wunderlich, und man muss mit ihnen umgehen können. Nicht zu nachgiebig sein, aber auch nicht zu eigensinnig. Als Beispiel fügt eine Begebenheit an. Ein Diener versucht, seinem Herrn alles recht zu machen, aber das gelingt ihm nur selten. Er leidet unter den Launen seines Chefs. Eines Tages kommt der Herr zum Mittagessen und mäkelt. Die Suppe ist zu kalt oder zu warm oder nichts von beidem. Schließlich nimmt der Herr den Teller und wirft ihn durchs Fenster in den Hof. Das gibt es doch gar nicht! Doch was macht der Diener? Kurzerhand wirft er das Fleisch, das er eben auf den Tisch stellen wollte, dann das Brot, den Wein hinterher und schließlich das Tischtuch mit allem, was noch darauf war. „He, was fällt dir ein“, schreit der Herr und steht drohend vor seinem Diener. „Bist du noch ganz bei Trost!“ Der Diener aber bleibt ruhig. Er sagt seinem Chef: „Ach, Entschuldigung, wenn ich ihre Meinung nicht erraten habe. Ich dachte, sie wollten heute im Hof zu Mittag essen. Die Luft ist so heiter, der Himmel ist so blau, und, sehen sie nur, wie lieblich der Apfelbaum blüht.“ Da erkennt der Herr seinen Fehler. Seine Miene hellt sich augenblicklich auf. Er schaut in den schönen Frühlingshimmel, lächelt und dankt seinem Diener für die gute Lehre.

Es hilft, dankbar zu sein für das, was auf dem Tisch steht. Die Suppe ist dann weder zu kalt noch zu heiß – sie schmeckt!

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren