
Respekt! Zum Papstrücktritt
Ich gebe zu: Ich habe erst an einen Fastnachtsscherz gedacht. Der Papst tritt zurück – ausgerechnet am Rosenmontag kam die Neuigkeit aus Rom, und vermutlich war ich nicht die einzige, die im ersten Moment dachte: Stammt die Nachricht vielleicht von einem der Motivwagen aus Köln oder Mainz oder aus einer Büttenrede? Aber nein, es ist wahr: Papst Benedikt XVI. tritt Ende dieses Monats von seinem Amt zurück. Auch die versammelten Kardinäle in Rom, die es als erstes hörten gestern Morgen, konnten es kaum glauben. Überraschung, das war die erste Reaktion – und dann: Hochachtung! Viele haben dieser Entscheidung seit gestern großen Respekt gezollt: vom Bischof bis zur Bundeskanzlerin. Denn immerhin: Das war ja kein Schritt, der üblich und nötig gewesen wäre. Papst war man über Jahrhunderte immer auf Lebenszeit gewesen. Und ausgerechnet der Vorgänger im Amt hatte das noch einmal eindrucksvoll bestätigt: Johannes Paul II. lebte die Überzeugung: Gott will, dass ich auch in Krankheit und Leid Papst bleibe.
Benedikt XVI., so scheint es mir, hat das mit seinem Gott für sich anders ausgemacht. Er hat gestern gesagt: „Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig.“
In den Sätzen drückt sich vieles aus, vor dem ich großen Respekt habe. Benedikt XVI. traut sich damit, finde ich, sich von seinem Vorgänger abzusetzen. Für mich steckt darin die Botschaft: Gott geht nicht mit jedem Menschen den gleichen Weg. Was für den einen richtig war, ist für den anderen vielleicht ganz neu zu überdenken und zu entscheiden. Und dann macht der Papst auch deutlich: Die Welt wandelt sich, sie verändert sich immer schneller. Wenn ich dieser Welt und ihren Fragen gerecht werden will – und den Aufgaben der Kirche in dieser Welt - , dann soll das mit ganzer Kraft geschehen. Die Kraft aber habe ich nicht mehr, sagt der Papst. Ich finde: Damit erweist Papst Benedikt sich selbst und der Welt großen Respekt. Und davor habe ich wiederum: großen Respekt!