
Wenn der Körper krank ist, leidet auch die Seele
Im biblischen Israel gab es einen Teich, von dem erzählte man sich wundersame Dinge. Immer, wenn das Wasser sich bewegte, konnte ein Kranker in den Teich steigen und wurde geheilt. Es versteht sich von selbst, dass am Ufer des Teiches viele Kranke lagen. Jeder wollte im entscheidenden Moment der Erste sein.
Einer lag schon Jahre dort und lief nicht los, wenn sich das Wasser bewegte. Als Jesus vorbeikam und diesen Kranken beobachtete, wie er liegen blieb, als das Wasser sich bewegte, wunderte ihn dieses Verhalten. Jesus ging zu ihm und fragte erstaunt: „Willst du denn nicht gesund werden?“ Er antwortete: „Doch, Herr, aber ich habe keinen Menschen“. Und er meinte damit: Ich habe keinen, der mich im entscheidenden Moment ins Wasser trägt. Allein, ohne fremde Hilfe, war er nicht in der Lage, zum Teich zu kommen. Und die anderen Kranken waren selbstverständlich mit ihrem eigenen Leid beschäftigt, auf ihre Heilung bedacht.
Wie viele Kranke heute leidet dieser Mann nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Vielleicht hat er die Erfahrung gemacht, dass viele den Kontakt mit Kranken scheuen, weil sie das Leid nicht sehen wollen oder einfach hilflos sind im Umgang mit einem kranken Menschen. Ausreden gibt es genug. In der Bibel gibt es nicht nur Worte, die uns auffordern, kranke Menschen nicht ihrem Schicksal zu überlassen. Also wie Jesus aktiv zu werden, wenn einer unsere Hilfe braucht. Es gibt auch ein Wort, das kranke Menschen auffordert, selbst aktiv zu werden. Im Jakobusbrief heißt es: „Ist jemand krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie mit ihm beten“ (Jakobus 5,14). Das hört sich erst fromm an, aber beten umfasst hier auch: Der rufe Menschen zu sich, damit sie sich um ihn kümmern, mit ihm reden. Wer aber traut sich das? Selbst bei Freunden warten wir manchmal, dass sie selbst den Weg zu uns finden, wenn wir krank sind.
Oft weil wir Angst haben, jemanden zur Last zu fallen. Dabei ist es nicht nur wichtig, dass uns jemand besucht oder uns versorgt. In manchen Fällen ist es wichtig, jemanden zu haben, der mit einem die Fragen aushält: "Warum gerade ich? Womit habe ich es verdient?" Ich finde es ermutigend, in der Bibel Hilfe zu finden, mit Krankheit umzugehen. Zum einen, dass ich das Recht habe, Menschen zu rufen, damit sie mich mit meinem Leid nicht alleine lassen. Und zum anderen, um meine Scheu zu überwinden und anderen beizustehen. Auch wenn ich niemanden, der krank ist, zum Teich tragen kann und ihn damit heile, so kann ich wenigstens seiner Seele helfen, damit er sagen kann: "Danke, Herr, ich habe einen Menschen."