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Was macht einen Fan zum Fanatiker?
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Was macht einen Fan zum Fanatiker?

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Am nächsten Samstag startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. Dann werde ich im Frankfurter Stadion sein, wenn die Eintracht gegen Schalke spielt. Ich bin Eintracht-Fan und fahre zusammen mit meinem Sohn und anderen Eintrachtfans öfter zu den Spielen. Ich gehöre auch zu einem Fanclub, den „Bembeladlern“ in Altenhain. Das ist ein Dorf im Vogelsberg. Ein Fan ist jemand, der sich begeistert – für eine Mannschaft, die er gewinnen sehen will, oder auch für eine Idee, für die er einsteht. Die Leute in meinem Fanclub begeistern sich für die Eintracht, manchmal sind sie auch von deren Spiel begeistert.

Die Fahrt nach Frankfurt machen meine Fanclub-Kollegen meistens mit dem Zug. Da wird schon im Abteil gefeiert. Nach Hause fahren sie dann mit mir, in meinem Neun-Sitzer-Bus. Da ist auch immer was los. Wir diskutieren das Spiel und kommentieren die einzelnen Fußballer. Wer war gut, wer war schlecht. Da gehen die Meinungen natürlich auseinander. Und dann gibt es einen kritischen Punkt: wenn die Begeisterung für etwas umschlägt in den Fanatismus gegen etwas. Erst feuert man die eigene Mannschaft an und auf einmal hetzt man fanatisch gegen die anderen. Die Begeisterung für die eigene Sache schlägt um in den Hass gegen die anderen. Das gibt es nicht nur im Fußballstadion.

Ich finde es schlimm, wie zurzeit der Hass Menschen besetzt und zur Gewalt gegen andere treibt. Hass macht blind, und Fanatismus macht rasend und irrational. Ich versuche, dazu beizutragen, dass ein Fan nicht zum Fanatiker wird. Ich versuche das im Stadion wie auch sonst im Leben. Es fängt im Kleinen an: Warum muss man eigentlich eine andere Mannschaft, die im Stadion zu Gast ist, Gegner nennen? Die ist doch ein Spielpartner, ohne den Fußball nicht funktioniert. Die anderen als Gegner oder Feinde zu sehen, so ein Denken macht das Leben schwer und treibt Menschen bis zum Fanatismus, der am Ende alles zerstören will.

Die Bibel beschreibt eine andere Haltung, ein ganz anderes, neues Denken. Jesus wusste, wie um ihn herum in Freund und Feind eingeteilt wurde. Er setzte die Feindesliebe dagegen. Die Konflikte zu seiner Zeit waren heftig. Die Römer, die Palästina besetzt hatten, waren verhasst. Es gab terroristische Kämpfer, die für ihre Ziele über Leichen gingen. Und mitten in diese Situation hinein sagt Jesus: Liebt eure Feinde; zeigt denen, die euch ablehnen oder hassen, ein versöhnliches Entgegenkommen, einen freundlichen, liebevollen Blick. (Matthäus 5,43) Es könnte ja sein, dass Menschen, die man zu Gegnern erklärt hat oder Feinde nennt, doch spüren, dass man mit ihnen gemeinsam leben will.

Liebt eure Feinde, zeigt denen Verständnis, die euch hassen? Da verlangt Jesus viel, eigentlich Unmögliches. Aber es ist eine starke Vision für ein gemeinsames Leben jenseits von Fanatismus und Hass. Freilich, dafür braucht es jede Menge Geduld, noch mehr Zuversicht, dass es gelingen kann, und Gottes Hilfe. Der Glaube gibt mir Kraft, mir die Vision vom Gelingen auszumalen, für etwas sein und nicht nur dagegen. Diesen Optimismus gewinne ich aus dem christlichen Glauben. Unsere Welt ist Gottes Schöpfung, das heißt: Lebensraum für alle Geschöpfe. Unsere Welt ist Gottes Friedensreich für alle Völker. Für diese Botschaft sind wir Christen große Fans. Wir sind begeistert von der Hoffnung auf ein versöhntes Leben, auf ein Leben in Eintracht.

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