
Scherbenhaufen
Heute früh beim Kaffeekochen habe ich aus Versehen zwei Tassen aus dem Wandschrank gefegt. Schnell sollte alles gehen: Mist! Grad die, an denen Erinnerungen hängen: die Tasse von der amerikanischen Uni. Und auch noch die Cricket-Tasse aus Indien. Nur noch Scherben auf dem Küchenboden. So was von dappig. Ich ärger mich über mich selbst.
„Scherben bringen Glück,“ sagt man. Ich nehme ein paar größere Scherben in die Hand und betrachte sie. Kleben bringt´s nicht mehr.
Am Ende des Jahres denke ich mit den blöden Scherben in der Hand, dass nicht nur Tassen in diesem Jahr zu Bruch gingen. Dass Geschirr entzweigeht, gehört natürlich zum Leben dazu. So wie sich Menschen entzweien. Ziele zerbröseln. Träume zerplatzen. Was ist schon für immer gemacht. Aber irgendwie wünsche ich mir manchmal, dass dieses „Nichts ist für immer gemacht“, nicht für alles gilt.
Am Ende dieses Jahres halte ich auch private Rückschau. Natürlich gibt’s da nicht nur Scherben. Aber eben auch. Manches ging kaputt. Und nicht immer bin ich unschuldig dran.
Ich suche mir Besen und Kehrschaufel und fege die Scherben zusammen. Was kaputt ist, ist hin. Das muss und möchte ich loslassen. Die Scherben kippe ich in die Tonne.
Den innerlichen eigenen Scherbenhaufen dieses Jahres lege ich ins Gebet. „Gott, meine Zeit steht in deinen Händen“ (Psalm 31,16). Nicht alles kann ich ändern. Aber ich weiß: Gott leuchtet das nicht gnadenlos aus, was entzwei ging. Legt mich nicht auf meine Fehler fest. Das Schlechte und das Gute dieses Jahres gebe ich Gott zurück. Mit der Bitte um Vergebung. Und mit Dank für alles, was gut war und ist. Gott schaut mich liebevoll an. Gütig. Verzeiht. Gibt mir wieder eine neue Chance im neuen Jahr. Vielleicht bringen Scherben tatsächlich Glück. Wenn ich sie vor Gott bringe. Und er mich trotzdem liebt.