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Meine Weihnachtskrippe
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Meine Weihnachtskrippe

Dr. Paul Lang
Ein Beitrag von Dr. Paul Lang, Diakon und Lehrer für Latein, Musik und Religion in Amöneburg
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Zu Weihnachten gehört für mich kaum verzichtbar auch eine Weihnachtskrippe. Ihr richtiger Ort ist unter dem Weihnachtsbaum. Je älter ich werde, desto mehr spüre ich, wenn die Feiertage näher rücken, eine kindliche Freude daran. Dann hole ich meine Krippenfiguren aus der Abstellkammer. Der Stall wird entstaubt. Die vielen Accessoires werden aus ihren Kästchen und Verpackungen gewickelt und auf dem Fußboden ausgebreitet.
Außer Ochs und Esel, die dicht beim Jesuskind ihren Platz finden werden, gibt es in meiner Krippe seit letztem Jahr noch einen weiteren Esel. Der zieht eine kleine Lastkarre. Ich mag ihn. Ein Esel ist ein eigenartiges Tier: Er trägt Lasten, er kann zupacken. Ein Esel lässt sich allerdings nicht zwingen. Was die einen als Sturheit werten, interpretieren andere als Selbstbewusstsein oder Gelassenheit. Weil er so ist, der Esel, gilt er als friedliches Tier. Mit Eseln konnte man – anders als mit Pferden – keinen Krieg führen. Ein Esel befiehlt sich selbst und folgt nicht blind einem Kommando. Eine alte Weisheit behauptet, dass ein Esel immer einen Ausweg findet.
Neben dem Esel gibt es natürlich auch ein flackerndes Feuer an meiner Krippe; außerdem einen Brunnen. Sobald eine kleine Pumpe eingeschaltet wird, plätschert darin ein kleines Rinnsal von Wasser in ein Becken.
Weihnachtskrippen haben viele Freunde. Krippenausstellungen gibt es in großer Zahl. Mancherorts werden Krippenfahrten unternommen, Exkursionen zu besonders aufwändigen Exemplaren. Auf der Piazza Navona in Rom bietet der Weihnachtsmarkt eine für deutsche Verhältnisse kaum fassbare Fülle an Krippenzubehör. Ganz zu schweigen von der Via San Gregorio Armenio und ihren Nebenstraßen in Neapel: Das Eldorado für Krippenfreunde. Waschstube und Pizzaofen, alle denkbaren Berufe, Altersgruppen und soziale Schichten werden dort in einem Universum eigener Art als Krippen-Accessoire angeboten.
Manche belächeln Krippen. Warum so ein Aufwand? Ist das so eine Art „Puppenhaus des Glaubens“ oder „für Erwachsene“? Ist das Kunst oder Kitsch? Warum eine Krippe aufstellen?
Ich sehe in einer Krippe eine Deutung der Welt: In einer neapolitanischen Krippe etwa finden sich die unterschiedlichsten Menschen und die unterschiedlichsten Lebensszenen wieder. Eine Welt im Kleinen, mit Unvollkommenheiten wie in der großen Welt. In eine solche von Menschen gestaltete, oft verunstaltete Welt kommt der, der sie geschaffen hat. In Jesu Geburt kommt Gott zu den Menschen, wohnt unter ihnen. Das ist der Glaube der Christen. Alles hat seinen Platz da, wo Gott Mensch wird, wo Himmel und Erde sich berühren.
Wer Krippen aufstellt, versteht, dass Weihnachten unabhängig von Ort und Zeit geschieht. Ein plätschernder Brunnen sagt mir: An Weihnachten kannst du heute und da, wo du bist, Leben tanken. Wie der Esel mit seiner Karre darfst du mit allen deinen Lasten und Schrullen so sein, wie du bist, und in Gottes Nähe gelangen. Wenn ich eine Krippe so verstehe, dann ist sie ein Ja zu dieser Welt trotz ihrer Unvollkommenheit und Dunkelheit. Das ist Weihnachten: Das Ja Gottes zu unserer Welt, seine Solidarität und Zusage: Ich bin bei Euch – trotz allem, was ihr anstellt.

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