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Leiser wird nichts verkündigt
Bild: flotty/Pixabay

Leiser wird nichts verkündigt

Gabriele Heppe-Knoche
Ein Beitrag von Gabriele Heppe-Knoche, Evangelische Pfarrerin, Kassel
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Maria bekommt Besuch. Unerwarteten Besuch. Ein Engel kommt zu ihr. Sie ist die erste, die es erfährt. Sie ist auserwählt. Maria wird ein Kind gebären, einen Sohn. Jesus soll er heißen. Er wird Gottes Sohn sein.

Maria und der Engel, der zu ihr spricht

Es ist für mich eine der innigsten Szenen im Neuen Testament. Von vielen Malern immer wieder ins Bild gesetzt. Maria im blauen Kleid. Sie schaut nicht auf. Vor ihr der Engel, der sie anspricht. Manchmal sieht man sie in einer guten Stube, manchmal in einer Küche oder auch in einem geschlossenen Hof. Sie ist zuhause. Allein. Und plötzlich ist der Engel da. Sie spürt, dass etwas Besonderes mit ihr passiert. Nichts auf der Welt hat jetzt Bedeutung außer diesem Wort, das der Engel ihr bringt.

Und so kommt Gott zu ihr. Leise und nur für sie zu hören. So kommt das Heilige mitten in ihre Welt. Der Anfang ist still und geheimnisvoll. Nicht zu sehen. Verborgen vor den Augen der Welt.

Leiser wird nichts verkündigt-ein Gedicht von Christa Busta

Leiser wird nichts verkündigt, behauptet die Dichterin Christine Busta in ihrem Gedicht „Schnee im Advent“. Leiser wird nichts verkündigt. So ist das wohl, wenn ein Mensch von Gott gestreift, berührt wird. Fast wie eine Sinnestäuschung. Das Unwichtige tritt zurück. Ich werde frei mich zu öffnen für das, was neu und belebend in mich einströmt. Das Heilige sucht sich einen Raum in und zwischen den Menschen. Eine Wohnung auf Zeit. Damit ich wie Maria Gottes Wort in mir trage, es hüte und achte. In der Stille und im Verborgenen wächst neues Leben heran. Eine große Freude! Und eine Verwandlung.

Es braucht keine großen Gesten und Zeichen, wenn Gott zu Menschen kommt

Von Verwandlung spricht auch das Gedicht: „Leiser wird nichts verkündigt. So reden Liebende nachts, die fern voneinander schlafen und finden am Morgen wieder die fremde Erde wie ein Nest voll von himmlischem Flaum.“

Es braucht keine großen Gesten und keine spektakulären Zeichen, wenn Gott zu den Menschen kommt. Leise geschieht die Verwandlung. Sie beginnt in den Menschen selbst. Sie macht sie zu Liebenden. Zu Menschen, die Liebe in sich tragen und sie in die Welt bringen.

Die Liebe genügt, um die Welt in ein neues Licht zu tauchen

Die Liebe genügt, um die Welt in ein neues Licht zu tauchen. Dann zeigt sie ihr anderes Gesicht. – Wie ein Nest voll von himmlischem Flaum, heißt es im Gedicht. In so einer Welt braucht man keine Angst zu haben. Da bleibt die Erde nicht nur fremd, nicht nur feindselig und zerstritten. Da kann ich auf andere zugehen. Da kann ich anderen vertrauen und sie mir auch. Da entdecke ich mitten im eintönigen Alltag auch vieles, worüber ich mich freuen kann. Denn da, wo ich liebe und geliebt werde, fühle ich mich sicher und angenommen. Da wird die Erde ein Nest. Ein Ort der Geborgenheit, schützend und weich, voll der Erinnerung an den fernen Ursprung. Und das Leben ein Geschenk, das uns zufällt. Wie der erste Schnee des Winters, der die Kinder begeistert.

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