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Hinschauen und handeln
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Hinschauen und handeln

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim
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Falko Loose ist Mitte 30, lebt in Frankfurt und arbeitet als Lehrer. Kürzlich hat ihn die Stadt Frankfurt als Lebensretter ausgezeichnet. Falko Loose hat mehrere Menschen aus einem brennenden Haus befreit. Er sagt: „Ich habe Leben gerettet. Aber ich möchte nicht als Held gesehen werden.“

Falko Loose hilft

Was damals passiert ist, hat Falko Loose einer Zeitung erzählt. Es ist kurz vor Mitternacht an einem Freitagabend im November 2018. Falko Loose war mit Freunden unterwegs. Auf dem Heimweg bemerkt er: In einem Wohnhaus brennt es. Er klingelt, und bald darauf öffnet ein Mann ein Fenster. Der Mann wirkt hilflos. Loose wählt den Notruf und beschließt dann: „Ich helfe dem Mann.“

Menschen sollten hinschauen

Er geht in die brennende Wohnung und zieht den Mann nach draußen. Dann geht er wieder in das verrauchte Haus hinein, von Stockwerk zu Stockwerk, und weckt die Bewohner. Bald trifft die Feuerwehr ein. Niemand ist ernsthaft verletzt. Einige bedanken sich bei ihm. Frank Loose sagt im Nachhinein: „Vielleicht ist das, was ich getan habe, ein Zeichen für andere Menschen. Ich finde so wichtig, dass Menschen nicht aneinander vorbeilaufen.“

Der barmherzige Samariter

Mich beindruckt das und ich denke dabei an eine Geschichte, die Jesus erzählt hat. (Lukas 10, 25-37) Da geht es ebenfalls ums Hinschauen und Handeln. Auf dem Weg zwischen Jerusalem und Jericho überfallen Räuber einen Reisenden. Sie nehmen ihm alles weg und lassen ihn blutend am Wegrand liegen. Da kommen zwei Männer von Jerusalem her, ein Priester und ein Tempeldiener. Sie müssen ihre Opfervorschriften befolgen und dürfen kurz nach ihrem Dienst im Tempel nicht mit Blut in Berührung kommen. Sie gehen weiter, ohne zu helfen. Danach kommt noch einer. Ein Ausländer, er gehört zu den damals unbeliebten Leuten in Samaria, ein Samariter also. Auch er hätte gute Gründe vorbeizugehen. Aber er bleibt stehen und kümmert sich um den Verletzten. Er säubert seine Wunden, verbindet sie, gibt dem Überfallenen zu trinken, setzt ihn auf sein Lasttier, führt ihn zur nächsten Herberge, zahlt dem Wirt einen Vorschuss für Unterbringung und Pflege und macht sich wieder auf den Weg.

Dieser barmherzige Samariter ist allein der Regel seiner Augen und seines Herzens gefolgt. Er hat gesehen: Da braucht jemand Hilfe. Und er hat geholfen. „Macht es genauso“, sagt Jesus. „Seht hin. Lasst euch anrühren von der Not anderer.“

Hinschauen und handeln

Hinschauen und handeln: Das hat Frank Loose getan. Das ging nicht spurlos an ihm vorbei. Er erinnert sich: „Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, habe ich erst mal geheult.“ Ein Bild ging ihm nicht aus dem Kopf: zwei ältere Frauen im vierten Stock, mit Panik in den Augen. Es hat gedauert, bis er über die Nacht im November reden konnte.

Mir macht Mut, dass es Menschen wie ihn gibt, die die Not anderer sehen und etwas tun. Frank Loose sagt: „Wir sind eine Gesellschaft. Kümmert euch doch umeinander!“

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