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Gedenktage
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Gedenktage

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Manche Tage im Jahr wecken besondere Erinnerungen. Mein fünfundsiebzigster Geburtstag, den ich kürzlich gefeiert habe, hat mich an meinen Geburtsort Posen erinnert und an meine Kindheit. Es tobte in Europa der zweite Weltkrieg, der für meine Familie wie für viele andere mit dem Verlust der Heimat endete.

Der heutige Tag, der zwanzigste Juli, ist so ein Tag, der historische Erinnerungen weckt. Heute, am 20. Juli 1944, wurde das Attentat auf Adolf Hitler verübt. Damals lagen viele Städte in Trümmern; Millionen Soldaten und Zivilisten waren dem Krieg und dem Nazi-Terror zum Opfer gefallen, ungezählte Menschen in Europa auf der Flucht, Elend, Armut, Hunger überall; und das ging immer so weiter. Man müsste diesen Krieg, den der oberste Befehlshaber Adolf Hitler gegen die halbe Welt führte, beenden. Es gab in Deutschland eine Bewegung des Widerstandes gegen Hitler und dann das Attentat auf ihn. Das Attentat ging schief.

Als ich zur Schule ging – das ist sechzig Jahre her – war dieser zwanzigste Juli mit dem Attentat auf den Führer, wie sich Hitler nannte, immer ein Thema im Geschichtsunterricht.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie schwer es uns Halbwüchsigen gefallen ist, über das Geschehen dieses Tages zu reden. Es wurden Namen derer genannt, die in den Widerstand gegen Hitler gegangen waren. Dazu zählte der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer, der wie die anderen Widerstandskämpfer hingerichtet wurde. Und war der versuchte Mord – darauf sollte das Attentat doch hinauslaufen – überhaupt zu rechtfertigen?

Bonhoeffer hat doch als Theologe genau das fünfte Gebot gekannt: Du sollst nicht töten. Und trotzdem gehörte er zu denen, die den Mord an Hitler geplant hatten. Die Fragen sind geblieben.

Als ich die Gedenkstätte für die Widerstandskämpfer des 20. Julis in Berlin besucht habe, ist mir deutlich geworden. Über die Gewissensentscheidung eines Menschen kann man nicht im Nachhinein urteilen; man kann versuchen, sie zu verstehen. Was mich an den Widerstandskämpfern des 20. Julis beeindruckt: Sie haben erkannt, dass die damals herrschende Meinung der Nazis menschenverachtend und mörderisch ist. Anders als die Mehrheit haben sie das nicht schweigend und tatenlos hingenommen. Sie hatten den Mut, Widerstand zu leisten, und wussten, dass sie dafür ihr Leben riskieren. Mich beeindruckt dieser Mut, dem massenmörderischen Wahn entgegenzutreten.

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