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Es gibt noch mehr als Optimismus - das Urvertrauen

Es gibt noch mehr als Optimismus - das Urvertrauen

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer? Das wollte ein Freund von mir wissen, der mich testen wollte, ob ich mehr optimistisch oder eher pessimistisch bin. Wir redeten über ein größeres Projekt, das wir in unserem Dorf angezettelt haben. Wir haben einen Verein gegründet, der heißt: "Die Nachbarschaftsfamilie". Der Verein hat leerstehende Häuser mitten im Dorf erworben und baut sie um. Darin soll ein Dorfladen entstehen und eine Tagesbetreuung für alte Menschen, damit sie nicht aus dem vertrauten Dorf weggehen müssen in ein Altersheim. Ein paar altersgerechte Wohnungen soll es geben, einen Treffpunkt für alle Generationen und die unterschiedlichsten Menschen.

Ob das alles klappen wird, wollte mein Freund von mir wissen – eben, ob ich da optimistisch bin oder nicht. Ich bin optimistisch. Ich glaube an den guten Ausgang aller Dinge. Diesen etwas vollmundigen Satz hat ein zeitgenössischer evangelischer Theologe formuliert. Er hat ihn ans Ende des christlichen Glaubensbekenntnisses gesetzt. Im Glaubensbekenntnis heißt es wörtlich: "Ich glaube an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben". Der Theologe übersetzt diese traditionelle Formulierung so: "Ich glaube an den guten Ausgang aller Dinge".

Das gefällt mir. Ich verstehe es nicht so, als würden alle Dinge im Leben gut ausgehen. Es gibt genug, was schief geht, was nicht gelingt, eben nicht gut ausgeht. Doch in dem Glauben an den guten Ausgang aller Dinge steckt ein tiefes Vertrauen in den Sinn und das Gelingen unseres Lebens. Das ist sogar noch mehr als die Frage meines Freundes, ob ich ein bisschen mehr optimistisch oder pessimistisch bin. Es geht darum, ob meine Grundhaltung zum Leben Vertrauen ist oder Angst. Das Vertrauen hilft mir bei Projekten wie der Nachbarschaftsfamilie, von dem ich hoffe, dass es klappt.

Psychologen sagen, es gäbe nur diese beiden tiefliegenden Lebenseinstellungen: Die Ur-Angst oder das Ur-Vertrauen. Beides wird ganz früh im Leben in uns angelegt und prägt uns lebenslang. Der Glaube an den guten Ausgang aller Dinge drückt das Urvertrauen aus. Dieses Vertrauen trägt auch dann, wenn einzelne Sachen im Leben nicht gut ausgehen. Tiefes Vertrauen erträgt auch Enttäuschung. Oder mit einem Satz von Dietrich Bonhoeffer ausgedrückt: Es gibt erfülltes Leben trotz mancher unerfüllter Wünsche.

Es ist nicht die Frage, ob ich mal etwas mehr optimistisch eingestellt bin, oder eher pessimistisch, sondern die Frage, ob ich mich vom Urvertrauen tragen lasse. Für mich hat das auch seinen Grund: Gott, die Verheißung Gottes, die überall in der Bibel steht. Jesus Christus sagt das so: "Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende"

Das ist für mich der Ursprung, aus dem das Urvertrauen entspringt, das mich trägt. Der Glaube an den guten Ausgang aller Dinge. Die Dichterin Hilde Domin hat diesen Glauben poetisch formuliert: "Ich setzte den Fuß in die Luft und siehe, sie trug".

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