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Auf dem Weg des Abschieds
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Auf dem Weg des Abschieds

Till Martin Wisseler
Ein Beitrag von Till Martin Wisseler, Evangelischer Pfarrer, Langenselbold
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Heute ist für Sophia ein besonderer Tag - und ein schwerer. Heute ist Totensonntag. Manche sagen auch Ewigkeitssonntag, weil sie darauf vertrauen, dass es ein ewiges Leben nach dem Tod gibt. Sophia ist Totensonntag lieber, denn das drückt aus, was für sie an diesem Tag wichtig ist: Den Toten gedenken. Nachher möchte sie in die Kirche gehen. Da werden die Namen der Toten des letzten Jahres verlesen. Auch der Name von Sophias langjährigem Lebenspartner wird dabei sein. Sophia hofft, dass es besonders und würdevoll sein wird, wenn die Namen verlesen werden und auch eine Kerze für sie angezündet wird. So hatte Sie es damals bei ihrem Großvater erlebt. Etwas Sorge davor hat sie aber schon. Denn wenn sein Name genannt wird, die Kerze brennt, vor dem inneren Auge die Bilder der gemeinsamen Zeit entstehen, wird deutlich: So wird es nie wieder sein. Das tut so weh und macht das Herz schwer. Sophia will sich trotzdem auf den Weg machen. Sie weiß, in der Kirche wird sie Menschen treffen, denen es genauso geht wie ihr. Dass sie nicht allein ist mit ihrer Trauer, das hilft ihr und tröstet sie ein wenig. Und das Licht der Kerze zeigt für sie, dass das Leben Ihres Mannes geborgen ist bei einer höheren Macht und sie sich jetzt nicht mehr um ihn kümmern muss. Sie stellt sich vor, wie Gott ihren Mann anschaut und sagt: Komm her, es ist gut (nach Psalm 130).

Je länger Sophia über den Totensonntag nachdenkt, umso mehr merkt sie: Das eigentlich Schwere ist nicht der Gang in die Kirche oder die Erinnerungen an ihren Mann und der Abschiedsschmerz. Das Schwere ist, sich mit den Forderungen von Anderen auseinanderzusetzen. Das Leben geht weiter, sagen sie, und sind verwundert, wenn Sophia nicht am Frauentreff des Vereins teilnehmen möchte, der sie doch etwas aufheitern könnte. Du musst loslassen können, sagen die Anderen, und fragen sich, ob mit Sophia alles in Ordnung ist, weil sie immer noch viel Zeit vor dem Bild ihres Mannes verbringt. Aber ihr tut all das gut - sollte es dann nicht auch richtig sein?! – Die nächsten Schritte auf dem Weg des Abschieds wird sie jedenfalls nachher in die Kirche machen. Vielleicht zeigt das Licht der Kerzen ihr und auch den anderen Trauernden einen guten Weg ins Leben.

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