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Wer ist der Nächste?
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Wer ist der Nächste?

Monika Dittmann
Ein Beitrag von Monika Dittmann, Katholische Seelsorgerin im Altenheim, Flörsheim am Main

Vor kurzem habe ich frühmorgens beim Bäcker schon an die Bibel denken müssen: Mit einigen weiteren Frühaufstehern stand ich mit dem Beutel für die Brötchen schon im Anschlag, wartend vor der Verkaufstheke. Wir haben ein wenig ungeordnet dagestanden, als die Verkäuferin fragte: „Wer ist der Nächste?“ Und derjenige, der als nächstes dran war, war erleichtert; froh, endlich nicht mehr stehen und warten zu müssen. Jeder wäre an dem Morgen beim Bäcker am liebsten der Nächste gewesen.

Dazu fällt mir eine Geschichte aus der Bibel ein:

„Wer ist der Nächste?“ diese Frage wird einmal Jesus gestellt. Und er antwortet mit einer Parabel – dem berühmten Gleichnis vom barmherzigen Samariter. (Lukas 10,25-37). Darin geht es um die Nächstenliebe – und das ist übrigens keine Erfindung von Jesus. Das steht schon so als Forderung im Alten Testament, der jüdischen Tora. Jesus beruft sich auf die jüdische Tradition – und im Gleichnis lenkt er den Blick auf den, von dem man am wenigsten erwartet, dass er sich seinem Nächsten in dessen Not zuwendet. Also Nächstenliebe praktiziert. Der Samariter, eine Randexistenz der damaligen Gesellschaft, wird zum Nächsten – dem, der hilflos und verletzt am Straßenrand liegt. Die Frommen, die Geschäftigen, die Etablierten hatten den Bedürftigen nicht im Blick – nur sich selbst und ihre Geschäftigkeit.

In der Bibel wird also die Frage nach dem Nächsten ein wenig anders beantwortet als beim Bäcker. Dort – und auch in vielen anderen Situationen des Lebens – wären wir selbst am liebsten der Nächste. In der Bibel aber ist der Nächste der andere; derjenige, der mir gerade über den Weg läuft und vielleicht meine Hilfe benötigt.

Mein Nächster ist vielleicht der Mensch früh am Morgen neben mir mit seinen grauen Gedanken. Mit einem freundlichen Blick und einen munteren Gruß kann ich ihm vielleicht ein wenig Farbe in den Tag bringen.

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