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Welcome to Sodom
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Welcome to Sodom

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

Sodom – so bezeichnen die Menschen im westafrikanischen Ghana die riesige Elektro-Mülldeponie nordwestlich der Hauptstadt Accra. Etwa 6000 Menschen leben in einem Slum auf der Müllhalde. Die Deponie ist einer der am meisten verseuchten Orte der Welt. Die Bewohner verwerten und verkaufen die Metallreste von Handys, Kühlschränken, Bildschirmen und versuchen so zu überleben. Die Regisseure Florian Weigensamer und Christian Krönes haben einen Film über die Menschen auf der Müllhalde gedreht. Er heißt „Welcome to Sodom“.

Die Filmemacher geben den Bewohnern des Elendsviertels eine Stimme. Sie erzählen, was ihnen diese Deponie bedeutet. Sie nennen sie nach der Stadt im Alten Testament, die wegen der Sünde ihrer Bewohner im Zorn von Gott vernichtet wurde. Tatsächlich ist die Deponie ein trostloser Ort, der die Gesundheit der Menschen schädigt. Täglich atmen sie die giftigen Dämpfe ein. Der Elektroschrott kommt aus Europa und Amerika. Einmal mehr sehe ich: Unser Wohlstand basiert oft auf dem Elend anderer Menschen. Die beiden Filmemacher nennen Sodom den „Sündenfall der Ersten Welt“. Obwohl wir weit weg sind, sind wir ein Teil von „Sodom“. Der komplette Titel des Films führt es mir vor Augen. Er heißt: „Welcome to Sodom: Dein Smartphone ist schon dort.“
An diesem schlimmen Ort würde ich Menschen erwarten, die unglücklich sind, die mit ihrem Schicksal hadern, die Schuld zuweisen. Stattdessen zeigt der Film Menschen, die für ihr Leben Wünsche und Träume haben, die auf eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder hoffen. Die in Sodom nicht nur eine Hölle, sondern vor allem einen Ort der Hoffnung sehen. Vielen hilft dabei ihr christlicher Glaube.

Beeindruckt hat mich eine Szene: In einem Haus versammeln sich einige der Menschen, die auf die Deponie wohnen. In ihrer Mitte ein neugeborenes Mädchen. Es ist in der dieser Hölle zur Welt gekommen und wird nun von ihnen gesegnet. Es heißt Amina. Eine/r spricht dieses Gebet: „Heute ist Sonntag. Durch Gott wurde Amina geboren. Möge Gott Amina und ihre Mutter zusammenleben lassen. Lass sie eine Veränderung in der Gemeinschaft werden. Durch sie werden wir erfolgreich sein. Möge Gott Amina ein langes Leben geben. Möge Gott viel Geld zur Gemeinschaft bringen. Wir sind die Ältesten. Wir werden für sie sorgen. Aber morgen wird sie für uns sorgen. Möge Gott ihr Verstand geben und später lass sie ein bedeutender Mensch in der Welt sein.“ So endet das Gebet.

Ich fühle mich diesen Menschen im Glauben verbunden. Ich merke aber auch: Der gemeinsame Glaube nimmt mich in die Verantwortung.
Wie kann ich dazu beitragen, dass dieses neugeborene Kind Amina einmal eine bessere Zukunft haben kann? Ein Weg ist die sogenannte „Handy-Aktion“. „Brot für die Welt“ und andere Organisationen haben Sammelboxen für gebrauchte Smartphones entwickelt. Ich kann solch eine Sammelbox bestellen und in der Kirchengemeinde aufstellen. So wie man das vielleicht in der Firma oder anderen öffentlichen Orten machen kann. Die Sammelaktion will verhindern, dass Elektroschrott auf zwielichtigen Kanälen nach Afrika gelangt und dort unter furchtbaren Bedingungen recycelt wird. Die Rohstoffe der Smartphones werden auf faire Weise wieder nutzbar gemacht und verkauft. Mit dem Erlös werden Hilfsprojekte für Menschen in Ghana unterstützt. Zum Beispiel Trainings für die Arbeiter, damit sie Geräte zerlegen können, ohne ihre Gesundheit und die Umwelt zu ruinieren. Gleichzeitig werden Berufsschulen unterstützt, in denen vor allem Mädchen die Chance bekommen, eine Elektronik-Lehre zu absolvieren. So soll der Anteil von weiblichen Elektronik-Absolventen von zwei Prozent auf zukünftig 30 Prozent gesteigert werden.
Ein sicherer und gesunder Job in einer umweltfreundlichen Recycling-Branche. Das könnte eine Hoffnung sein, um die die Menschen für Amina bitten und für die auch ich mich engagieren will.

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