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Wege zwischen Hecken
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Wege zwischen Hecken

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Letzte Woche hab ich ein Labyrinth begangen. Im Kloster Hoechst im Odenwald ist es aus niedrigen Hecken in den Garten gepflanzt. In großen Schleifen und engen Windungen gibt es einen Weg vor, der gewiss zur Mitte führt. Man geht ihn langsam und spürt dabei in sich hinein. Ein Labyrinth lädt zu Ruhe und Besinnung ein: Lass dir Zeit, geh in deinem eigenen Tempo, Schritt für Schritt. Du wirst ankommen. Über Umwege ärgere dich nicht, vertraue dich dem Weg an.

Wenn du ganz nahe an der Mitte vorbeikommst, schon hinsehen kannst, biege gelassen ab und folge weiter den Windungen des Weges. Sei ganz bei dir. Achte auf deine Gedanken. In der Mitte verweile ein wenig und kehr dann genauso gelassen in den Alltag zurück.

In der christlichen Tradition ist das Labyrinth ein Sinnbild für den oft verschlungenen Lebensweg des Menschen, der zwar auf Umwegen, aber mit Gewissheit zu Gott führt. Die Botschaft eines Labyrinths heißt: Sei gelassen, alles wird gut.

„Labyrinth“ und „Irrgarten“, das wird in der Alltagssprache nicht immer ganz genau unterschieden. Aber ein Irrgarten ist etwas anderes: Er erscheint wie ein Gefängnis aus Irrwegen, aus denen man sich befreien möchte.
Den Herausforderungen eines Irrgartens kann man sich im Park Schönbusch in Aschaffenburg stellen.

Wer sich hineinbegibt in das Gewirr aus mannshohen Hainbuchenhecken, erlebt etwas anderes als im Labyrinth. „Ich kann mich gut erinnern“, sagt einer der Landschaftsgärtner dort. „Als ich noch ganz neu war, da mussten mich die Kollegen nach dem Heckeschneiden wieder raussteuern, weil ich den Weg hinaus alleine nicht gefunden hätte. So etwas vergisst man nicht.“ Die Botschaft des Irrgartens ist: Sei auf der Hut! Blamier dich nicht, streng dich an. Pass auf, überleg dir genau wohin du gehst.

In einem Irrgarten ist keiner Biegung zu trauen. Ein Irrgarten macht Druck. Irrgärten in meinen Gedanken und in meinem Leben, die erlebe ich immer wieder und bin ratlos, wenn kein Ende abzusehen ist. Dann hilft mir der Gedanke an das Labyrinth: Mein Weg macht Sinn, und er hat ein Ziel, auch wenn ich es noch nicht sehe. Und ich denke an ein Wort des amerikanischen Dichters Oscar Wilde: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.“

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