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Unverhofftes Wiedersehen
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Unverhofftes Wiedersehen

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Urlaub in fernen Ländern ist dieses Jahr nicht so einfach. Für ein Bäcker-Ehepaar aus Darmstadt kein Problem. Es besitzt ein Wohnmobil, in diesen Zeiten ein Segen. Die Fahrräder mit an Bord starten sie Richtung Norden. Jeden Tag machen sie eine Tour, erkunden bei schönstem Wetter die fremde Gegend.

Die Gegend mit dem Rad erkunden

Bei einem ihrer Ausflüge radeln sie durch ein kleines Dorf. Vor einem Haus bleiben sie stehen, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Es ist nämlich das hübscheste weit und breit.

Pausen müssen sein

Nachdem sie es gebührend bewundert haben, setzen sie ihren Weg fort. Als sie an einer Kneipe vorbeikommen, sagen beide spontan: Lass uns hier was trinken! Gesagt, getan. Räder in den Ständer gestellt, Helme abgezogen und rein ins Gartenlokal.

Eine überrasschende Begegnung

Dort sitzt ein Mann vor einem Glas Bier. Er kommt den beiden bekannt vor. Sie schauen genauer hin. Und richtig: Es handelt sich um einen befreundeten Bäckerkollegen. Jedes Jahr lädt die Bäckerinnung zu einem Ausflug ein. Aus ganz Deutschland kommen dafür Bäckerinnen und Bäcker zusammen. Das hessische Bäckerehepaar war oft dabei, genau wie dieser Mann aus Niedersachsen mit seiner Frau. Sie freuten sich jedes Mal wie Bolle, sich zu sehen.

Seit zehn Jahren aber haben die Darmstädter nicht mehr teilgenommen, keine Zeit. So hatten sie sich aus den Augen verloren. Und jetzt dieser Augenblick! An einem Nachmittag in einer Kneipe in einem winzigen Dorf. „Ihr müsst unbedingt zu uns nach Hause kommen“, sagt der Bäckerkollege. „Jetzt sofort!“

Die Zeit zusammen genießen

Es ist nicht weit. Er fährt mit dem Auto vor, sie mit den Rädern hinterher. Wo bleibt er stehen? Vor dem hübschesten Haus weit und breit. „Das kennen wir schon“, lachen die beiden. Es wird ein längerer Abend. Am nächsten und am übernächsten Tag kochen und essen sie zusammen. Sie haben sich wiedergefunden.

„Der Herr tut nichts als fügen.“

Zufall? Fügung? Schicksal? Das deutet jede und jeder für sich. Der Mensch sucht stets nach Erklärungen, nach Mustern. Findet er keine, spricht er von Zufall oder Schicksal. Wo der Kopf nicht weiterkommt, beginnt die Bestimmung. Manchmal fühlt es sich ja tatsächlich so an, als würde man von einer höheren Macht gelenkt. Wenn man im richtigen Moment am richtigen Ort ist - wie bei den Bäckern, die sich wiedergefunden haben. Letztendlich ist es eine Frage der Einstellung. Den Zufall muss man sich auch zufallen lassen können. Ein Freund von mir würde sagen: „Der Herr tut nichts als fügen.“ Ich glaube tatsächlich, dass eine so wunderbare Wiederbegegnung sein sollte. Ich glaube eben an unverhofft Schönes.

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