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Hab` ein Herz
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Hab` ein Herz

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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Seit meiner Kindheit steht im Schlafzimmer meiner Eltern eine Herz- Jesu- Statue. Vor etwa hundert Jahren gab es tausende von diesen etwa 40 Zentimeter großen Gips-Figuren, die Jesus so darstellen: langhaarig, bärtig, ein weißes Untergewand und ein rotes Obergewand, Jesus zeigt auf ein blutendes Herz auf seiner Brust. Diese Statue gehört zu einem katholischen Festtag, der im 19. Jahrhundert in der Kirche immer beliebter wurde: nämlich das Herz- Jesu Fest am dritten Freitag im Juni. Also heute. Schon bei meiner Oma stand diese Herz-Jesu - Figur auf der Kommode im Schlafzimmer, und vor einigen Jahren hat mir eine alte Dame aus unserer Gemeinde auch eine Figur geschenkt. Sie steht bei mir im Büro.

Klar, man kann über die Ästhetik einer solchen Figur streiten und irgendwie wirkt sie auch ein bisschen kitschig. Mir gefällt sie trotzdem, und mir sagt dieser Jesus mit dem offenen Herzen auf der Brust etwas. Dieser Jesus sagt mir: Sieh her: Gott hat ein Herz für dich. Und genau wie das Kreuz, das den leidenden Christus zeigt, sagt mir das blutende Herz: Ich bin bei dir im Leiden, ich leide mit dir und richte dich auf.

Für mich sind das große Bilder, großartige Botschaften. Mein Gott ist nicht gechillt. Mein Gott ist ein Mitleidender. Einer mit Herz. Ich frage mich dann auch: Für wen habe ich ein Herz? Hab ich nur für die ein Herz, die mir am Herzen liegen: meine Familie – meinen Freundeskreis? Oder kann ich nicht auch Herz zeigen, wenn es um andere geht, die mir fremd sind, die mir unsympathisch sind, die vielleicht sogar herzlos sind?

Das Herz – Jesu- Fest erinnert mich auch an das Wort Barmherzigkeit. Das ist ein weiter und auch altertümlicher Begriff, den ich aber liebe. Barmherzigkeit ist für mich das Gegenteil von Rechthaberei. Barmherzige Menschen sind für mich Menschen, die trotz eines berechtigten Grundes nicht Vergeltung üben, sondern Mitleid mit jemandem empfinden und konstruktiv sind, die helfen, statt destruktiv zu sein und zu vergelten.

Ich frage mich manchmal: Bin ich barmherzig oder will ich recht haben und es dem anderen vergelten? Barmherzig sein, das heißt auch: sein Herz öffnen und sich vom Leiden des anderen berühren zu lassen. Heute nennt man das Achtsamkeit.

Eigentlich schaue ich jeden Tag in meinem Büro auf diesen Jesus aus Gips, diese Herz - Jesu -Statue. Sie sagt mir: Das Herz ist das Allerwichtigste, die Liebe, die wir für uns und andere zeigen, ist das Allerwichtigste. Herz Jesu: Gott hat für mich ein Herz. Ich will auch eins für andere haben.   

 

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