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Ich glaube an Wunder
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Ich glaube an Wunder

Dr. Ursula Schoen
Ein Beitrag von Dr. Ursula Schoen, Prodekanin, Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt
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Glauben Sie an Wunder? So werde ich als Pfarrerin gelegentlich gefragt. Manchmal ist das nur so dahingesagt, und manchmal stellt mein Gegenüber mich bewusst auf den Prüfstand. Denn Christinnen, so meinen viele, glauben ja an Wunder.

Es gibt viele Wundergeschichten in der Bibel

In der Bibel wird in der Tat von vielen Wundern berichtet, kleinen und großen. Da ist zum Beispiel eine Quelle, die plötzlich hervorsprudelt, als Menschen auf einem langen Weg durch die Wüste und am Verdursten sind. Und dann sind da die vielen Wunder von Jesus: Jesus geht über das Wasser eines Sees. Jesus bewirkt, dass viertausend oder gar fünftausend Menschen von fünf Broten und zwei Fische satt werden. Jesus heilt viele unheilbar kranke Menschen. Der gesunde Menschenverstand sagt da: So etwas kann nicht gehen! Natürlich nicht. Meiner tut das übrigens auch.

Naturgesetze außer Kraft setzen?

Wenn Wunder bedeuten, dass die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, dann glaube ich nicht an Wunder. Und Gott muss diesen Beweis auch nicht antreten, um meinen Glauben zu stärken.

Es wird etwas möglich, das bis dahin unmöglich schien

Trotzdem glaube ich: Es gibt Wunder. Wenn plötzlich etwas in Gang kommt, was völlig festgefahren war, oder sich Perspektiven öffnen, die niemand vorher gesehen hat. Als Seelsorgerin erlebe ich das. In einem Gespräch findet ein Paar überraschend einen Ausweg aus einem langen Streit. Ein schwer kranker Mensch kann auf einmal den Kampf um sein Leben aufgeben und den Weg auf das Sterben hin annehmen. Das sind für mich Wunder. Naturgesetze sind da nicht außer Kraft gesetzt, aber es wird doch etwas möglich, das bis dahin unmöglich schien.

Man muss offen sein für Wunder

Das ist für mich auch der Kern der Wundergeschichten in der Bibel. Wunder sehen oder erleben wir dann, wenn sich Möglichkeiten eröffnen, die vorher gar nicht im Blick waren. Wenn neue Verbindungen entstehen oder sich eine Haltung verändert. Solche Wunder geschehen häufiger, als wir denken. Ich muss nur offen dafür sein.

"Was für ein großes Wunder!"

Solche Wunder erleben vor allem Menschen, die nicht mehr alles in der Hand haben, alte oder kranke Menschen zum Beispiel. Ich werde nie die Worte meiner schon schwerkranken Mutter vergessen. Sie nahm meine sieben Tage alte Tochter auf den Arm und hat sie ganz still angeschaut. Dann sagte sie einfach: „Was für ein großes Wunder!“

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