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Die Purpurhändlerin Lydia: was für eine Frau!
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Die Purpurhändlerin Lydia: was für eine Frau!

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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In vielen Kirchen finden sich die Statuen von Petrus und Paulus. Petrus hält meistens einen großen Schlüssel in der Hand und ist damit leicht zu erkennen. Paulus wird oft mit dem Schwert oder mit einer Bibel dargestellt. Schmunzeln muss ich jedes Mal darüber, dass sich die beiden großen Apostel auch an ihren Bärten unterscheiden lassen. Petrus trägt meist einen kurzen gepflegten Bart, oft mit kleinen Löckchen. Paulus dagegen wirkt etwas ungepflegt, sein Bart ist länger und manchmal auch recht zottelig.

Der Globetrotter Paulus

Klar, Petrus war verheiratet. Im Evangelium lesen wir sogar: „Er besucht mit Jesus seine Schwiegermutter“. Und ich stelle mir immer vor, wie seine Frau zu ihm sagt: „Petrus, so kannst du nicht vor die Tür, mach dich mal ein bisschen zurecht!“. Paulus dagegen ist nicht nur Single, sondern als Apostelmissionar auch ständig unterwegs, mal allein, mal mit Gefährten. Und genauso wirkt er, wie ein Globetrotter, der schon eine Weile auf Reisen ist. Wenn ich die Briefe lese, die Paulus an seine Gemeinden schreibt, habe ich oft das Gefühl: Er achtet die Frauen nicht so wie die Männer - zumindest wenn ich die Texte mit den Augen der heutigen Gleichberechtigung lese.

Eine emanzipierte Geschäftsfrau in der Apostelgeschichte

Umso mehr sticht mir die Purpurhändlerin Lydia ins Auge. Von dieser Lydia wird heute in den katholischen Gottesdiensten erzählt. Sie kommt in der Apostelgeschichte vor, die von der Zeit der ersten christlichen Gemeinden berichtet. Paulus, so erfahren wir da, reist mit Silas, seinem Begleiter, mit dem Schiff von Troas nach Philippi. Sie setzen über nach Mazedonien. Paulus hat nämlich zuvor geträumt, ihn würde jemand nach Mazedonien rufen und er hat das als Auftrag von Gott verstanden.

Paulus zum ersten Mal auf europäischem Boden

Als Paulus und Silas an Land gehen, betreten sie auf ihren Missionsreisen das erste Mal europäischen Boden. Anfangs kennen die beiden in Philippi natürlich niemanden. So gehen sie zum Stadttor, an einen Fluss. Dort begegnen ihnen einige Frauen, unter ihnen auch Lydia, von der wir erfahren, dass sie Purpurhändlerin ist und aus einer Gegend stammt, die für den Textil- und Farbenhandel bekannt ist.

Die erste Taufe in Europa

Lydia ist begeistert von dem, was Paulus und Silas erzählen, fasziniert hört sie den beiden zu. Sie wird beschrieben als „Gottesfürchtige“, das ist interessant! So nannte man nämlich Heiden, die in die Synagoge gingen, also mit dem Judentum sympathisierten. Lydia war also, so würden wir heute sagen, spirituell auf der Suche. Und sie fand, was sie suchte, als Paulus und Silas von Jesus Christus sprachen. Sie ließ sich taufen, als erste in Europa, und mit ihr, so heißt es, „ihr ganzer Haushalt“. Anschließend lädt sie die beiden Männer mit Nachdruck in ihr Haus ein.

Selbstbewusst: Die erste Christin Europas

Was für eine Frau! Richtig emanzipiert und modern kommt sie mir vor: eine selbständige Geschäftsfrau, Vorsteherin eines Haushalts, eigenständig im Handeln und Glauben.

Die Bibel erzählt weiter: Die anderen neuen Christen der Stadt sind ihrem Haus  zusammen gekommen. Lydia hat also so eine Art Hauskreis oder Gemeindegruppe geleitet. Dort kommen Paulus und Silas auch nochmal vorbei, bevor sie weiter reisen nach Thessaloniki. Es scheint, als hätte Paulus diese selbstbewusste erste Christin Europas wirklich geschätzt.

Und auch wenn davon natürlich nichts in der Bibel steht: vielleicht hat Paulus dort bei Lydia sogar mal seinen struppigen Bart gepflegt ;-).

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