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Schatzsuche
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Schatzsuche

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad
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Der Höhepunkt bei den Kindergeburtstagen unserer Tochter war immer eine Schatzsuche. Schon Tage zuvor hatten wir Eltern einen Plan gemacht, eine Art Anleitung geschrieben, wie die Kinder den Schatz finden konnten. Mein Mann ist früher losgelaufen und hat  Zeichen auf den Waldboden gelegt als Hilfestellung. Irgendwo im Wald hatten wir eine Blechkiste versteckt. Darin war der Schatz: Seifenblasen für jeden oder Stifte oder so. Mit den Kindern loszulaufen und zu suchen, das war mindestens so schön wie der Moment, wenn sie den Schatz gefunden haben und sie die Blechkiste geöffnet haben. 

Schätze werden oft in besonderen Gefäßen aufbewahrt. In der Antike wurden sie oft in Tonkrügen versteckt. Tonkrüge sind wunderschön, aber sie haben einen Nachteil: sie können Risse bekommen oder leicht zerbrechen. Der Vorteil aber ist: Die Schatzsucher finden den Schatz leichter, denn durch die Risse und Brüche leuchtet sein Glanz hindurch. Der Schatz bekommt eine Ausstrahlung.

Der Apostel Paulus muss das gekannt haben, denn er vergleicht menschliches Leben mit einem Schatz. Ein Schatz, aufgehoben in einem Tonkrug. Dieser wird älter, bekommt Risse und zerbricht irgendwann. Nicht erst am Ende meines Lebens, sondern auch schon mittendrin. Kratzer kommen dran, Dellen und Bruchstellen. Ich kann versuchen, das zu kleben. Aber man sieht es doch. Das alles sagt mir: Mein Leben ist endlich. Das tut weh. 

Paulus selbst hat an der Gebrechlichkeit seines Körpers gelitten. Aber er behauptet etwas Ungewöhnliches und Kühnes: Er meint, dass genau dadurch der Glanz des Lebens sichtbar wird. Er hat selbst erfahren: Wo Menschen leiden, da ist ihnen Gott besonders nahe. Paulus hat davon gesprochen, dass ein Mensch durch diese Nähe Gottes leuchten kann, und andere das sehen. Er sagt wörtlich: Das ist ein „Schatz in irdenen Gefäßen“. (2. Korinther 4,5-7)

Ich mag das Bild. Ich glaube, dass mich Gott – wenn ich gestorben bin - ganz vorsichtig aus meinem gebrochenen Gefäß birgt. Alle meine Schätze sind dann in ihrer Fülle sichtbar: meine Offenheit für andere Menschen, die Freude an Musik und guten Büchern; die Gabe, nicht allzu nachtragend zu sein; mein Wunsch, dass es möglichst vielen Menschen auf der Welt besser geht, mein lautes Lachen. Ich hoffe: Gott wird sich daran freuen. 

Bis dahin sind die Schätze der Liebe Gottes in meinem zerbrechlichen Körper aufgehoben wie in einem irdenen Gefäß. Nicht immer sichtbar. Nicht immer glänzend. Oft muss ich selbst suchen. Dann denke ich an die Schatzkiste der Kinder. Das Suchen ist mindestens so spannend wie das Finden. 

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