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Musik aus der Steinzeit
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Musik aus der Steinzeit

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Archäologen haben in den letzten Jahren Musikinstrumente ausgegraben, die zu den ältesten überhaupt gerechnet werden. Es handelt sich um Flöten, und die sind immerhin zwischen 45 und 40 Tausend Jahre alt sind.

Steinzeitliche Musikszene auf der Schwäbischen Alp

Aber viel erstaunlicher als das Alter ist für mich der Ort dieser Entdeckung. Die Flöten wurden nämlich nicht etwa in Ägypten gefunden, auch nicht in Höhlen Mesopotamiens oder in Asien, sondern auf der Schwäbischen Alb; also ganz in der Nähe, gewissermaßen bei uns zuhause. Auf jeden Fall finde ich es erstaunlich, dass Menschen schon vor 40 Tausend Jahren Musik gemacht haben, lange bevor sie schreiben, lesen oder rechnen konnten. Aber nun besteht kein Zweifel: Es gab tatsächlich eine steinzeitliche Musikszene in Schwaben.

Flötenmusik für kultische Rituale

Flöten waren nicht die einzigen Instrumente. In anderen Gegenden wurden auch andere Geräte wie Rasseln und Klappern gefunden. Genaueres über den Gebrauch dieser Instrumente ist zwar nicht bekannt, allerdings stimmen die Forscher in einer Frage fast alle überein: Sie vermuten einen kultischen Hintergrund. Ohne Kult keine Musik! Oder müsste man vielmehr sagen: ohne Musik gibt es keine Rituale?

Schon König David spielte Flöte und Harfe

Religionen brauchen Rituale und diese sind am eindrucksvollsten, wenn sie mit Augen und mit Ohren wahrgenommen werden können. Schon von König David wird im Alten Testament berichtet, dass er als kleiner Junge an den Königshof geholt wurde, weil er so schöne Musik machte. Das Flötenspiel hatte er beim Hüten der Schafe gelernt, später begleitete er seinen Gesang auf der Harfe und wurde selbst zum König gekrönt. Wer weiß, vielleicht war seine Musik ja der ausschlaggebende Grund dafür. Auf jeden Fall bleibt David bis heute mit den Psalmen verbunden, den ältesten Glaubensliedern von Juden und Christen.

Musik gehört unersetzlich zum gelebten Glauben

Musik gehört unersetzlich zum gelebten Glauben. Vielen Menschen ist das gemeinsame Singen im Gottesdienst mindestens genauso wichtig wie die Predigt. Aber was ist, wenn nicht mehr gesungen werden darf? Weil sich durch den Luftstrom Viren ausbreiten könnten. Wir erleben nun schon seit längerer Zeit Gottesdienste, bei denen die Gemeinde keinen Lobgesang anstimmen kann.

Gottesdienste ohne Gesang in der Pandemie

Der Gottesdienst ist dann nicht mehr der gleiche. Es ist eben ein Unterschied, ob die Botschaft „Christ ist erstanden“ als Hymnus erklingt oder nur gesprochen wird. Die Musik kann genau das vermitteln, was sich den bloßen Worten verschließt. Im Klang kann ich das erspüren, was in Worten allein nicht zu formen ist. Wenn diese Dimension fehlt, bleibt der Glaube irgendwo mitten auf der Strecke liegen, dann verstummt das Nichtsagbare.

Singen muß sein: allein im Freien oder Zuhause

Damit das nicht geschieht, muss gesungen werden. Und wenn das in der Gemeinschaft nicht geht, dann eben allein im Freien, Zuhause, oder sogar mit dem Radio als Begleitung. Damit wir nicht hinter die Steinzeit zurückfallen.

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