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Ich bin

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Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen

Ich habe leider ein ganz schlechtes Namensgedächtnis: Wenn ich bei einer Vorstellungsrunde Namen höre, habe ich sie sicher nach zwei Minuten wieder vergessen. Besonders schwierig wird es, wenn ich die Namen kompliziert finde, weil sie aus einer anderen Sprache stammen. Etwas besser wird es, wenn ich die Namen lese.
In meinem Beruf ist das eher ungünstig. Ich versuche mir also mit Notizen und freundlichen Nachfragen zu helfen. Aber auch wenn ich Namen leicht vergesse, kann ich mir gut merken, was der Mensch für einen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Oft weiß ich, welche Anmerkungen er oder sie zum Thema gemacht hat. Manchmal erinnere ich mich an ganze Geschichten. Nur der Name bleibt nebulös… Irgendwas mit F oder doch S???
Das geht so lange gut, solange ich niemanden ansprechen muss. Wenn man jemanden rufen möchte, muss man den Namen kennen. Oft frage ich dann möglichst unauffällig eine andere Person nach dem vergessenen Namen. Das hilft mir, denn wenn man jemanden mit Namen anspricht, kann man besser eine persönliche Beziehung aufbauen.
So ähnlich ist es auch mit „dem Namen des Herrn“. Der Name Gottes spielt eine wichtige Rolle in der Bibel. Wie kann ich Gott ansprechen? Diese Frage beschäftigte schon früher viele Menschen.
„Der Name des Herrn sei gepriesen, von nun an bis in Ewigkeit“ – so lautet ein Gebetsruf, der in der katholischen Kirche sehr bekannt ist.  Aber wie lautet der Name des Herrn?
Die berühmteste Stelle der Bibel zum Namen Gottes steht im Buch Exodus. Darin wird erzählt: Mose bekommt von Gott den Auftrag, das Volk Israel aus Ägypten herauszuholen. Mose fragt nach: „Die Israeliten werden mich fragen, wie heißt der Gott, der dich zu uns geschickt hat?“ Und Gott antwortet Mose: „Sag ihnen Der Ich-bin hat mich geschickt!“
Gott nennt also seinen Namen – er macht sich ansprechbar! Der Gottesname ist ein ganz besonderer Name. Er ist klar – und bleibt doch rätselhaft. In der jüdischen Tradition wird er nicht laut ausgesprochen. Dort, wo die entsprechenden Buchstaben stehen, wird beim Vorlesen „adonai - der Herr“ gelesen. In der christlichen Tradition wurde der Name Gottes häufig mit JAHWE wiedergegeben. In der neuesten Einheitsübersetzung, die in der katholischen Kirche die Grundlage aller Lesungen im Gottesdienst bildet, wurde die jüdische Tradition übernommen, dort wo im Hebräischen JHWH steht, „der HERR“ zu schreiben.
Heute wird diese Stelle aus der Bibel mit dem Namen Gottes in den katholischen Gottesdiensten gelesen. Bei der Neuübersetzung der Bibel wurde an dieser Stelle eine Änderung vorgenommen: Wurde noch bis vor kurzem „Ich-bin-da“ übersetzt, heißt es in der aktuellen Fassung nur „Ich bin“. Man könnte auch übersetzen: „Ich bin der, der ich bin“ oder „Ich werde der sein, der ich sein werde“. In jedem Fall bleibt es ein bisschen rätselhaft. Es ist eben kein einfacher Name. Es ist Gottes Name.
Für mich passt der Name – es ist weniger ein Name als eine Beschreibung: Gott ist da und er wird da sein. Das ist es, was zählt. Der Islam kennt viele Namen Gottes: 99 hat er nach islamischem Glauben offenbart. Sie alle beschreiben eine besondere Eigenschaft oder etwas Wesentliches von Allah.
Mit dieser Art der Namensgebung kann ich gut umgehen. Und so spreche ich Gott in meinen Gebeten an als den, der mein Leben begleitet. Der da ist – manchmal als schöpferische Kraft, manchmal als Barmherzigkeit, manchmal als liebevolle Gegenwart oder als hoffnungsvolle Zukunft. Gott hört auf mein Rufen, egal welchen Namen ich nenne – davon bin ich überzeugt.

 

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