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Geheimnis Zeit
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Geheimnis Zeit

Prof. Dr. Markus Tomberg
Ein Beitrag von Prof. Dr. Markus Tomberg, Professor für katholische Religionspädagogik, Fulda und Marburg
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Sie ist eines der ganz großen Geheimnisse. Jeder braucht und benutzt sie – doch wer über sie nachdenkt, dem zerrinnt sie zwischen den Fingern. Im Januar, wenn das Jahr noch jung ist und die guten Vorsätze längst gebrochen (sind), wird das besonders deutlich: Die Zeit ist ein Mysterium.
Scheinbar verläuft nichts so gleichmäßig und unbeeindruckt von den Wirren und Hoch-Zeiten des Lebens wie sie: die Zeiger der Uhr und die Zeit, die sie anzeigen. Auch die Ziffern des Kalenders ändern sich mit der allergrößten Gleich- und Regelmäßigkeit.

Doch nicht nur Kinder, die auf den Pausengong oder ihren Geburtstag warten, wissen: die Zeit kann zähflüssig und langsam bis hin zum Stillstand, sie kann aber auch im Eiltempo vergehen.
Und dann ist da das Geheimnis der Gegenwart: kaum begonnen, schon zerronnen. Wahrnehmungspsychologen sprechen von einer kurzen Spanne, etwa 3 Sekunden, die wir als Gegenwart erleben. Aber schon die meisten Sätze dauern länger: Sie kommen aus der Vergangenheit daher und greifen aus auf die Zukunft. Spannung entsteht auf diese Weise und Langeweile. Und die Sehnsucht nach einem Moment vollkommener, unvergänglicher Gegenwart.

Die soll nicht drei Sekunden, die soll tatsächlich ewig dauern. In der Liebe taucht diese Sehnsucht auf, im Glück: Beider größter Feind ist die Zeit, die alles vergangen sein lässt, die auch das Zukünftige zur Vergangenheit machen wird. Die Grammatik hat dafür sogar eine eigene Zeitform, ein eigenes Tempus: das Futurum zwei, die Sprachform der vergangenen Zukunft. Du wird gegessen, gearbeitet, gelebt haben – und die Zeit geht über all das hinweg, ungerührt und unbarmherzig.

Die Bibel kennt deshalb noch ein weiteres Futur: Es ist keine grammatische Zeit-, sondern eine Sprachform. Vom Ende der Tage ist da die Rede, vom Ende der Zeit und des Vergehens. Vom Bewahren und Dableiben – und vom Glück des Genießens. Am Ende der Tage: Da kommt die ewige Zeit Gottes.
Vertröstung hat man diese Verheißung immer wieder genannt. Trösten soll sie tatsächlich. Barmherziger als die Zeit, die alles in den Abgrund der Vergangenheit reißt, barmherziger ist sie allemal.

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