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Die heimliche gute Tat
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Die heimliche gute Tat

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad
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Manchmal gibt es bei Problemen kein einfaches Richtig oder Falsch. Dann laviere ich mich so durch. Ich halte mir alle Optionen offen. Aber ich weiß: Irgendwann muss ich mich entscheiden.

Gegen Ende der Jesusgeschichte erzählt die Bibel von einem Mann, der sich lange nicht entscheiden konnte. Aber schließlich hat er sich ein Herz gefasst und etwas Großartiges hinbekommen. Der Mann heißt Josef von Arimathäa. Er war wohlhabend, angesehen und hatte es weit gebracht.  Er war Mitglied des jüdischen Hohen Rates. Dessen Aufgabe war es, in religiösen und politischen Fragen Recht zu sprechen. Natürlich musste der Hohe Rat dabei mit den römischen Herrschern zusammenarbeiten. 

Josef von Arimathäa gehört also zu der Seite der Mächtigen und der Entscheider. Gleichzeitig war er ein heimlicher Anhänger Jesu. Er glaubte an Jesu Botschaft vom kommenden Reich Gottes. Aber er hat sich nicht öffentlich zu Jesus bekannt, weil er  viel zu verlieren hatte - Ansehen, Geld, Macht und Beruf. Es muss ein innerer Konflikt für ihn gewesen sein, als Jesus verhaftet wurde. Josef von Arimathäa schritt nicht ein, als seine Kollegen aus dem Hohen Rat Jesus verurteilten. Er schwieg, als sie schrien: „Kreuzige ihn!“ Was hätte das auch gebracht? Die Stimmung im Volk war aufgeheizt. Seine Kollegen vom Hohen Rat wollten Jesus weg haben. Nicht abwegig zu fürchten, gleich mit ans Kreuz genagelt zu werden, wenn Josef von Arimathäa sich als Anhänger Jesu zu erkennen gibt.

Und trotzdem hält er auf seine Weise zu Jesus. Er hat von Ferne mitbekommen, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Heimlich geht er, ein Mitglied des Hohen Rates, zu dem römischen Statthalter Pilatus. Er bittet ihn um den Leichnam Jesu. Vorher hat er nicht gewagt, seinen Glauben an Jesus zu zeigen. Umso mutiger ist er jetzt. Jetzt, wo alle Jünger Jesu aus Angst geflohen sind, setzt er sich für Jesus ein.  Er möchte den Leichnam Jesu würdevoll bestatten. Er risikiert, in Verdacht zu geraten,  ein Komplize des Hingerichteten zu sein. 

Pilatus lässt ihm tatsächlich den Leichnam geben. Josef von Arimathäa kann ihm die letzte Ehre erweisen. Das muss er nicht alleine tun. Ein Freund hilft ihm, auch ein heimlicher Anhänger Jesu. Im Schutz der Dunkelheit nehmen die beiden den Leichnam Jesu vom Kreuz und wickeln ihn in Leinentücher mit wohlriechenden Ölen. Sie bringen Jesus in ein Felsengrab und wälzen einen Stein davor. Wenn sie schon zu Lebezeiten nichts für Jesus tun konnten, dann sorgen sie wenigstens für ein würdiges Begräbnis.

Woher nimmt Josef von Arimathäa auf einmal den Mut, sich zu Jesus zu bekennen?  Braucht er die Heimlichkeit und die Nacht als Schutz? Ich kenne das von mir. Ich habe auch nicht immer die Kraft, vor allen meine Meinung zu sagen und meinen Glauben zu zeigen. Allerdings war ich Gott sei Dank noch nicht in der Situation, dass ich deswegen um mein Leben fürchten musste. Umso mehr finde ich diesen Josef von Arimathäa tapfer und sympathisch. Er bekennt sich spät und auf seine Weise zu Jesus. Aber er tut es.

Mut haben, sich zu jemandem bekennen und ihm beistehen, das braucht nicht immer die große Bühne. Manchmal passiert es unauffällig, sogar heimlich. Aber auch so eine gute Tat zählt.

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