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Der gläserne Mensch
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Der gläserne Mensch

Michael Friedrich
Ein Beitrag von Michael Friedrich, Katholischer Diakon in der Pfarrei St. Peter und Paul, Hosenfeld
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Sie gehen in einen Einkaufsmarkt und kurz nach dem Eingang bemerken Sie ein großes Display mit Werbung. Es preist genaue die Produkte an, für die Sie sich in der letzten Zeit interessierten. Zufall? Nein! In den USA ist das heute schon gängige Praxis. Eine Folge des so genannten „gläsernen Menschen.“ Der gläserne Mensch – was ist das eigentlich? Der „gläserne Mensch“  steht für die als negativ empfundene vollständige Durchleuchtung des Menschen aus Sicht des Datenschutzes. Heute wird die Bezeichnung vor allem für die systematische Sammlung und Kombination digitaler Daten verwendet. Mit unseren heutigen Kommunikationsmitteln hinterlassen wir unsere Spuren in Internet. Die großen Kommunikationskonzerne speichern und setzen diese untereinander in Beziehung. Und das bedeutet konkret: Beim Betreten des Einkaufsmarktes werden Sie durch Ihr Handy identifiziert. Diese Information wird dann nur noch kombiniert mit der Auswertung der Seiten, die sie in der letzten Zeit im Internet besucht haben. Schon erscheint eine auf Sie ganz persönlich zugeschnittene Werbeseite auf dem Display. Das war’s schon!

Den Missbrauch von Daten versucht man mit Gesetzen zu unterbinden. Die Mitte letzten Jahres in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung hat zu zahlreichen Aktivitäten im privaten und gesellschaftlichen Bereich geführt.

Für jede denkbare Nutzung meiner Daten braucht es meine Einwilligung. Mitunter führt das zu befremdlichen Konsequenzen. Keine guten Wünsche zum neuen Jahr aus Datenschutzgründen hieß es im Fall einer Zahnarztpraxis. Anders, als in den vergangenen Jahren haben die Zahnärzte keine Grußkarte zum Jahreswechsel verschickt. Vorsicht als Gefahrenbegrenzung! Das finde ich schade.

Eine völlig andere Sicht auf den Menschen beschreibt da die Bibel. Jesus teilt seinen Jüngern und damit jedem Menschen mit: „Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt“ (Mt. 10,30). Gläserne Menschen in einem völlig anderen Zusammenhang. Denn Jesus drückt damit seine Wertschätzung für uns Menschen aus und ergänzt: „Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen“  (Mt. 10,31). Und er führt aus, wie sehr er jeden einzelnen Menschen kennt und schätzt: Das ist wirkliche Detailkenntnis bis zur letzten Haarspitze. Damit kommt auch zum Ausdruck: Er liebt Sie und mich so, wie wir sind! In der je eigenen Identität! In diesem Sinn bin ich gerne ein gläserner Mensch. Denn diese Sicht des einzelnen Menschen macht jeden Menschen unendlich wertvoll. Auf diese – von Liebe geprägte Weise – lasse ich mich gerne kennen. Das ist das Gegenteil von dem, was Datensammler tun, die nur an mir verdienen wollen.

Ich bin überzeugt: Wir bekommen unseren Wert von unserem Schöpfer. Er macht uns wertvoll, weil er uns liebt.

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