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Buß- und Bettag und das Lichtlein meiner Oma
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Buß- und Bettag und das Lichtlein meiner Oma

Ute Klewitz
Ein Beitrag von Ute Klewitz, Pastoralreferentin, Mentorin für Lehramtsstudierende mit dem Fach Katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz
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„Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“ So stand es mit goldenen Buchstaben auf dem Holzschild, das bei meiner Oma im Wohnzimmer gehangen hat. Dieser Vers gehört für mich zum heutigen Buß- und Bettag. Ich bin katholisch, aber meine Oma war evangelisch, und als Kind bin ich regelmäßig mit ihr am Buß- und Bettag in die evangelische Gemeinde gegangen. Zuerst gab es nachmittags ein Kaffeetrinken der Frauenhilfe, danach den Gottesdienst, und dann sind wir zurück nach Hause. Dort haben wir uns ins Wohnzimmer gesetzt, und meine Oma hat eine Kerze angezündet, die unter dem Holzschild stand, und die goldenen Buchstaben darauf haben geleuchtet: „Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“

Vor dem Gottesdienst noch ein Kaffee

Am Buß- und Bettag stehen Besinnung, Lebensbilanz und Neuorientierung im Mittelpunkt. Das, was im Leben nicht geklappt hat, Fehlentscheidungen können vor Gott gebracht werden. Ich fand es schön, dass es vor dem Gottesdienst ein Kaffeetrinken gab. Die Frauenhilfe der Gemeinde hat Kuchen gebacken und Kaffee gekocht. Frauenhilfe, das sind damals vor allem alte Frauen gewesen, die alleinstehend waren. Ihre Männer sind im Krieg geblieben oder auch an den Folgen des Krieges gestorben. Und da beim Kaffee haben sich die Frauen erzählt, von dem was im Krieg und was danach passiert ist.

Sich ZUHÖREN...schafft eine Verbundenheit

Das sind keine wirklich schönen Geschichten gewesen: Es ging um Gewalt, Vertreibung, schweren Neuanfang. Aber die alten Damen haben sich davon erzählt. Oft mit kleinen Tränen in den Augen und gebrochener heiserer Stimme. Sie haben sich ganz tief zugehört. Das ist für mich eine intensive Erfahrung gewesen. Sich zuhören, gerade bei schweren Erlebnissen, schafft eine Verbundenheit, ein miteinander Teilen von Leid, das nur schwer in Worte zu fassen ist.

Da waren zugleich Leid und neuer Anfang im Raum. Es war traurig und dabei ganz leicht. So erlebe ich bis heute Umkehr. Vielleicht ein wenig Versöhnung mit dem eigenen Leben: „Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“

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