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Du sollst dich selbst unterbrechen…
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Du sollst dich selbst unterbrechen…

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf

Du sollst dich selbst unterbrechen… So hat es die evangelische Theologin Dorothee Sölle in einem ihrer Gedichte formuliert, das ich sehr mag. Ich möchte es kurz vorlesen:

Du sollst dich selbst unterbrechen.

Zwischen Arbeiten und Konsumieren soll Stille sein und Freude,
dem Gruß des Engels zu lauschen: Fürchte dich nicht!

Zwischen Aufräumen und Vorbereiten sollst du es in dir singen hören,
das alte Lied der Sehnsucht: Maranata, komm, Gott, komm!

Zwischen Wegschaffen und Vorplanen sollst du dich erinnern an den ersten Schöpfungsmorgen,
deinen und aller Anfang, als die Sonne aufging ohne Zweck
und du nicht berechnet wurdest in der Zeit,
die niemandem gehört außer dem Ewigen.

Soweit das Gedicht von Dorothee Sölle. Das klingt wunderbar und verlockend, „du sollst dich selbst unterbrechen“.

Aber es ist im Alltag auch ziemlich schwierig: und Arbeiten und Konsumieren, Aufräumen und Vorbereiten, Wegschaffen und Vorplanen, das ist ja genau mein Alltag!

Eine gute Erfahrung von Unterbrechung mitten am Tag konnte ich diesen Sommer machen. Da war ich in eine Woche in einem Schweizer Bergdorf. Am Vormittag wurde immer gearbeitet, Heu gemacht, Holz gespalten oder Steine geschleppt. Wenn die Glocke läutete, kurz nach 12, haben wir uns zum Mittagsgebet in der Kapelle getroffen, verschwitzt, k.o. wie wir waren. Das tat so gut.

Innehalten, eine kurze Zeit der Stille, ein Lied, ein Gebet.

Es hat mich erinnert an das Angelus-Läuten früher, die Glocken mittags um 12, wenn die Bauern auf dem Feld die Arbeit einen Moment ruhen ließen, inne hielten und manche dieses alte Gebet, den Engel des Herrn, beteten.

Durchatmen, Kraft schöpfen, sich wieder ausrichten – eigentlich braucht es nicht viel für so eine heilvolle Unterbrechung. - Das müsste doch auch zu Hause, im Alltag und bei der Arbeit, möglich sein! Eine kurze spirituelle Auszeit inmitten der Arbeit am PC oder zu Beginn der Mittagspause im Betrieb. Vielleicht könnte ich mir ein eigenes kurzes Ritual zusammenstellen: ein Gebet, das ich auswendig kann, ein gesummtes Lied.

„Du sollst dich selbst unterbrechen,“ sagt Dorothee Sölle, „zwischen Arbeiten und Konsumieren soll Stille sein und Freude, dem Gruß des Engels zu lauschen: Fürchte dich nicht!“

Vielleicht gelingt es mir ja doch, immer wieder mal.

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