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Schattiges Plätzchen

Schattiges Plätzchen

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Meine Tochter liebt Scherzfragen. Ich blamiere mich regelmäßig, weil ich die Antworten immer wieder vergesse. Aber eine habe ich mir gemerkt: „Was ist ein Keks, der unter einem Baum liegt?“ - Ein schattiges Plätzchen!

Wer freut sich in diesen Tagen nicht über ein bisschen Schatten. Womöglich noch verbunden mit einem Luftzug und einem kühlen Getränk. Höre ich das Wort „Schatten“, habe ich Bilder von kühlen Ruheplätzen am Waldrand in meinem Kopf oder einen Sonnenschirm über einem Café-Tischchen. Bei sommerlichem Wetter lauter angenehme Assoziationen. Auch die uralten Gebete der Bibel, die Psalmen, setzen Schatten oft gleich mit einem sicheren und gemütlichen Platz, an dem man ausruhen kann.

Aber Schatten hat auch eine weniger positive Bedeutung: Da steht jemand im Schatten eines anderen Menschen, Schatten der Vergangenheit fallen auf etwas, Menschen leben im Schatten der Gesellschaft. Da ist der Schatten nicht positiv gemeint. Jemand wird nicht richtig wahrgenommen, etwas wurde nicht richtig gelöst, Menschen bleiben am Rand und niemand will so richtig hinschauen. Der Schatten hat also auch eine negative Seite: Er ist unbestimmbar, nicht richtig wahrnehmbar und manchmal verfolgt er mich vielleicht sogar. Er ist kühl und feucht und lässt sich nicht gut abstreifen. Auch wenn jemand „nur ein Schatten seiner selbst“ ist, ist er nicht wirklich lebendig oder Teil der Gemeinschaft.
Im Moment verschwindet wieder so einiges im Schatten der Medienberichte: Immer noch ist Krieg in Syrien, immer noch ertrinken Menschen auf der Flucht im Mittelmeer, immer noch leiden die Menschen in Ostafrika unter den Folgen des Zyklons und immer noch terrorisieren Islamisten die Menschen in Afrika und Asien. Nur weil gerade nicht das helle Scheinwerfer-Licht darauf fällt, sind diese dunklen Krisen nicht weg! – So wie Bert Brecht schreibt: „… die im Dunkeln sieht man nicht!“

Schatten ist eine Wohltat, wenn man sich von der Hitze des Tages oder des Lebens erholen will. Dann verspricht uns Gott den Schatten seiner Flügel und den Ruheplatz am Wasser (Psalm 57 bzw. 23). Dort kann ich mich erholen und zu neuen Kräften kommen. Dort schleicht auch niemand aus einem Zwielicht an mich heran.
Ich glaube, dass Gott sogar noch mehr tut: Gott schenkt mir wohltuenden Schatten, wo ich ihn brauche, aber er schenkt mir auch Licht, wenn ich mich im Schatten gerade nicht wohlfühle. Gott ist auch in den Stunden meines Lebens bei mir, die von Sorgen, Angst oder Trauer überschattet sind, dann will er das Licht sein, das meine Finsternis hell macht.

Jesus Christus sagt: „Ich bin das Licht der Welt!“ (Joh 8,12). Er will mein Leben hell machen, er will die am Rand Stehenden aus dem Schatten herausholen und ins Licht stellen, so dass man ihr Gesicht sehen kann. Aber sein Licht ist nicht gleißend, nicht grell und blenden, sondern angenehm warm. Es stellt niemanden bloß und durchleuchtet niemanden, es sorgt für gute Sicht.

Ich wünsche Ihnen das richtige Maß an Schatten für die nächsten heißen Tage und das Licht der Zuversicht für alle finsteren Schatten.

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