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"Die Mutter": Eindrücke einer Ausstellung
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"Die Mutter": Eindrücke einer Ausstellung

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
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In diesem Advent begleiten mich Eindrücke aus der Kunsthalle in Mannheim. Dort läuft in diesen Wochen eine Ausstellung zur Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft. „Die Mutter“ heißt sie ganz einfach.

Kleines Grün, sei eine Tänzerin

Ein Lied von Joni Mitchell habe ich dort gehört: Little Green. Die kanadische Folk-Sängerin hat es 1966 für ihre Tochter geschrieben. „Little Green“, „ein wenig Grün“, ist der Name, den Joni Mitchell ihrer Tochter in dem Lied gegeben hat. Sie singt für ihre Tochter: „Nur ein wenig Grün, wie die Farbe, wenn der Frühling geboren ist“, und weiter: „Nennt sie grün und die Winter können sie nicht verblassen lassen, (…) Kleines Grün, sei eine Tänzerin!“

Eine unglückliche Mutter erzieht kein glückliches Kind

Es ist ein trauriges Lied, denn Joni Mitchell hat es für ihre Tochter zum Abschied geschrieben. Als sie geboren wurde, hat Joni Mitchell als verarmte Folksängerin in Toronto gelebt. Als alleinerziehende Mutter konnte sie ihre Tochter nicht ernähren und aufziehen, deshalb hat sie sie zur Adoption freigegeben. Einige Jahre später hat sie gesagt: “Ich war bitter arm, eine unglückliche Mutter erzieht kein glückliches Kind. Es war schwierig, mich von dem Kind zu trennen, aber ich musste sie gehen lassen.“ Erst als ihre Tochter schon über dreißig Jahre alt war, ist Joni Mitchell wieder mit ihr zusammengekommen.

Mama, ich war eine schwere Geburt

Einen anderen Eindruck habe ich von einer großen Wand mitgenommen. Dort können Besucherinnen und Besucher ihre eigenen Eindrücke und Erfahrungen anbringen. Viele kleine Zettel hängen da. Einen fand ich, auf dem stand in einer Erwachsenen-Schrift: „Mama, ich war eine schwere Geburt. Danke.“ Darunter ein lächelnder Smiley, der eine kleine Krone trägt. Ich denke mir: Das hat jemand geschrieben, der mit seiner Mutter versöhnt ist. Die dankbaren Sätze auf dem Zettel sagen mir: Mutter sein ist mehr, als nur ein Kind zur Welt zu bringen. Eine Geburt ist eine lange Geschichte, und manchmal ist sie für beide Seiten hart und schwer. Viele können ein solches Dankeschön nicht schreiben: als Sohn oder Tochter nicht, aber auch als Mutter ihren Kindern nicht.

Die dornigen Müttergeschichten in der Bibel

In der Zeit des Advents wird in den Kirchen der Stammbaum Jesu gelesen (Mt 1,1–17). Darin sind vier Frauen genannt, die alle nicht in sogenannten ehrbaren Verhältnissen Mütter geworden sind: Tamar hat sich als Prostituierte verkleidet und am Straßenrand auf Juda gewartet (Gen 38); Rachab war eine Prostituierte in Jericho (Jos 2); Rut war eine Fremde mit Migrationshintergrund (Rut 3); mit Batscheba hatte der König David Ehebruch begangen; ihren Ehemann Urija hat er in den Tod geschickt (2 Sam 11). Wer idyllische Müttererzählungen sucht, sollte nicht zur Bibel greifen. Auch die Mutter Jesu, Maria wird in der Bibel nicht idyllisiert: Sichtbar schwanger zu werden, ohne dass ein Vater erkennbar wäre, das gehörte nicht in ein ehrenwertes Haus. – „Maria durch ein Dornwald ging“, ist ein altes Adventslied. Es singt davon, wie dornig Müttergeschichten sein können. Das Lied gibt aber auch Hoffnung. „Da haben die Dornen Rosen getragen“, so heißt es weiter in dem Lied. Auch das kennt Gottes Geschichte mit Müttern und Kindern: Mitten in Dornen können manchmal Rosen blühen.

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