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Das Gefühl wählt mit
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Das Gefühl wählt mit

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Lange Gesichter sah man am Sonntagabend. Jedenfalls bei den Verlierern der Landtagswahl in Bayern. Ein bitterer Abend war das für alle, die bis zuletzt gehofft hatten, es möge nicht so schlimm kommen wie vorhergesagt. Es kam so schlimm. Die einstmals großen Parteien verlieren deutlich. Man traut ihnen viel weniger als früher. Viele suchten sich neue Parteien für ihren Ärger - oder ihre Hoffnung. Manche wollten auch nur einen „Denkzettel“ verteilen.

Erklärungen gibt es viele, Schuldzuweisungen auch. Etwas wird dabei oft übersehen. Es geht bei einer Wahl - bald auch in Hessen - nicht nur um Sachen und Personen; es geht auch ums Fühlen. Das Gefühl wählt mit. Und etliche fühlen sich da nicht ernst genommen. Oder abgehängt. Das muss nicht immer stimmen. Es genügt, wenn Menschen sich so fühlen. Und Politiker das übersehen. Oder klein reden.

Es gibt ein Gefühl von Ungerechtigkeit. Manche kommen auf keinen grünen Zweig, finden sie. Andere bekommen viel Geld. Man rettet Banken - und für Schulen und Schwimmbäder fehlt Geld. Man hilft der Autoindustrie, obwohl sie betrogen hat. Es

gibt gute Geschäfte mit Waffen. Und bezahlt Pfleger schlecht. Es geht hier weniger um Sachen, sondern um das Gefühl von Ungerechtigkeit. Das Recht soll strömen wie Wasser, bittet ein Prophet im Namen Gottes (Altes Testament, Amos 5,24). Das ist schon damals ein ernster Rat an die Politiker des Landes: Unterschätzt das Fühlen nicht. Vor allem nicht das Gefühl von Ungerechtigkeit. Nicht das Geld, nur die Gerechtigkeit macht ein Land stark.

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