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Beten - Kontakt mit Gott und mit anderen
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Beten - Kontakt mit Gott und mit anderen

Dr. Ursula Schoen
Ein Beitrag von Dr. Ursula Schoen, Prodekanin, Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt
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Zurzeit sagen immer wieder Leute zu mir: „Bitte beten Sie für mich!“ Sie wissen, dass ich Pfarrerin bin. Einige sind dabei ganz direkt. Andere formulieren ihre Bitte zaghaft. Beten für einen selber und für andere ist wieder wichtig geworden. Nicht nur als letzter Notnagel.

Beten ganz persönlich

Beten kann sehr persönlich sein – eine ganz intime Kontaktaufnahme mit Gott. Dann lasse ich Gott wissen, was mich berührt und betrifft. Spreche aus, was ich anderen nicht zu sagen wage. Versuche Worte zu finden für das, was mich hilflos macht. Ich hoffe, dass Gott mich hört, wenn ich bete.

Durch Beten einander nahe sein

Aber Beten verbindet auch. In einer Zeit der notwendigen räumlichen Trennung erlebe ich beim Beten: Ich bin mit Gott in Kontakt. Und ich bin mit anderen verbunden, an die ich beim Beten denke oder die sogar gleichzeitig mit mir an einem anderen Ort beten. Denn Beten ist ja nicht abgesagt. Gottesdienste finden zwar zurzeit nicht in der gewohnten Form statt. Aber trotzdem gibt es Beten.

Sonntags 12 Uhr: Gemeinsam ein Gebet für alle

In vielen Kirchen läuten die Glocken jetzt am Sonntag um 12 Uhr. Dann beten viele zu Hause den gleichen Gebetstext. Er wurde von evangelischen und katholischen Christen für die aktuelle Situation formuliert. Es ist ein Gebet für Kranke und Gesunde, für Pflegende und Ärztinnen. Für alle Menschen in der Stadt und im Ort. Einige haben zu mir gesagt: „Dieses gemeinsame Gebet gibt mir Kraft und macht uns stark.“  

Eine Date zum Gebet

Mich beeindruckt noch ein anderes Beispiel, wie Menschen zurzeit miteinander und füreinander beten. In meiner Stadt Frankfurt laden die Seelsorger in einem jüdisch-christlichen Altenheim die Bewohner ein, gemeinsam zu beten – und zwar jeweils zu den Gebetszeiten der anderen. Also die Christen gleichzeitig mit den Jüdinnen und Juden am Freitagabend zum Beginn des Schabbat. Und die Jüdinnen und Juden am Sonntagmorgen mit ihren christlichen Mitbewohnern. Jede und jeder für sich und doch untereinander verbunden. Das ist wie ein Date zum Gebet, eine Verabredung: In dieser Zeit denken wir aneinander – auch wenn alle in ihren eigenen Zimmern bleiben müssen.

Durch gemeinsames Beten der Isolation entkommen

Einer der Seelsorger dieses jüdisch-christlichen Altenheims, Rabbiner Steiman sagt dazu: „So können wir uns wenigstens im Geist näher sein. Wir alle sind momentan in isolierten Welten. Wenn wir aber zur gleichen Zeit aneinander denken, können wir der Isolierung entkommen.“

Rogate

Der morgige Sonntag heißt im evangelischen Kalender: Rogate – zu Deutsch: Betet! Das kann ich derzeit besonders brauchen: Beten. Dadurch mit Gott verbunden sein. Und trotz räumlicher Trennung im Gebet und in Gedanken auch mit anderen.

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