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Wofür Kirchen da sind

Wofür Kirchen da sind

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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Meine Kinder haben mich immer auf die Schippe genommen, wenn wir in den Ferien in einen Ort kamen und irgendwo war ein Kirchturm zu sehen. „Mami, eine Kirche! Nichts wie rein!“.

Ich gehe halt gern in Kirchen. Mir gefällt wirklich nicht jede, aber es bewegt mich: Menschen haben zu allen Zeiten Kirchen, Tempel und Gebetshäuser gebaut. Den Raum hätte man ja auch gewinnbringender nutzen können. Vielleicht bewegt mich gerade das: Dass diese Gebäude aus wirtschaftlicher Sicht zu nichts nütze sind. Da kann ich nichts kaufen, muss nichts Bestimmtes tun, ich darf einfach da sein.  

Das merken offensichtlich auch andere Menschen: Der Kölner Dom ist die begehrteste Attraktion für Touristen in Deutschland. Das sind ja nicht alles fromme Christen, die zum Gottesdienst wollen. Aber die besondere Atmosphäre dieses großen Bauwerks zieht Menschen an.

Ein Forscher hat das so erklärt: Kirchen sind hybride Räume, sagt er. Räume, in denen verschiedene Welten zusammenkommen und etwas Neues entsteht: Die Welt Gottes und die Welt der Menschen, Himmel und Erde, Zeit und Ewigkeit kommen zusammen. Und dadurch entsteht ein besonderer Raum, ein Freiraum. Und der hat Wirkung: Fast alle, die eine Kirche besuchen, setzen sich einen Moment hin und tun nichts. Wenn, sprechen sie leise, denken vielleicht an jemand, zünden eine Kerze an. Kein Mensch fordert sie dazu auf – es ist der Raum, der diese Wirkung hat.

Ich wünsche mir, dass uns solche Gebäude erhalten bleiben. Gebäude, die diesen Freiraum bieten. Und ich wünsche mir, dass auch das Tun und Reden meiner katholischen Kirche, das innere Gebäude sozusagen, diese Wirkung für Menschen hat. Dass sie auch darin Freiraum spüren, sich willkommen fühlen, wie sie sind, eine Ahnung von Gottes Nähe bekommen. 

Entsprechende Renovierungspläne stehen auf der Tagesordnung beim sogenannten „Synodalen Weg“, den Reformgesprächen der katholischen Kirche. In zwei Wochen fangen sie an. Es ist viel Renovierung nötig, an diesem inneren Gebäude meiner katholischen Kirche, damit sie ihrer Aufgabe gerecht werden kann: Diesen hybriden Raum zu öffnen, diesen Raum, wo Himmel und Erde sich begegnen, wo Menschen etwas von Gott erfahren können. Denn dafür sind die Kirchen da.

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