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Wer bin ich?
Bild: Gerd Altmann

Wer bin ich?

Carmen Jelinek
Ein Beitrag von Carmen Jelinek, Evangelische Dekanin, Kirchenkreis Kaufungen
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Wer bin ich? Früher dachte ich, die Antwort nach meiner Identität stünde in meinem Pass: Name, Geburtstag, Staatsbürgerschaft und ein Foto. Wenn im Kindergarten oder in der Schule jemand wissen wollte, wer ich bin, fragten sie mich nach meinem Namen, meinem Alter und nach meinen Eltern.

Was macht mich aus?

Das Poesiealbum in meiner Generation wurde vom Freundschaftsbuch abgelöst. Da konnte man dann noch mehr reinschreiben von dem, was einen ausmachte. Hobbies wie Schwimmen, Radfahren, Lesen, Fernsehen wurden darin eingetragen. Dann ging es um Lieblingsfarben, Lieblingsessen und das Lieblingstier und später auch um die Lieblingsband und die Lieblingsschauspieler.

"Woher kommst Du eigentlich?"

Später tauchte dann die Frage auf: „Woher kommst Du eigentlich?“ Da spielte bei mir dann die eine Großmutter eine Rolle, die immer sagte „Jesses Maria und Josef“ und wunderbare „Powidldatschgerl“ (Zwetschgenknödel) kochen konnte. Die andere Großmutter hatte dafür einen Bauernhof. Beide haben mich durch ihre Herkunft und ihre Lebensart geprägt.

Einschneidend waren dann längere Aufenthalte im Ausland. Besonders in Israel und Palästina. Da ging es mir nicht leicht über die Lippen, dass ich Deutsche bin. Es gab heftige Reaktionen darauf.

"Ist das dein Vater?"

Besonders aber hat mich getroffen, wenn ich gefragt wurde, ob jener Mensch mit meinem Familiennamen mein Vater sei. Er war Alkoholiker. Als Kind habe ich mich sehr dafür geschämt. Würde man mich, wenn ich diese Frage mit „Ja“ beantwortete mit ihm in eine Schublade stecken und beurteilen? Mir vielleicht keine eigene Chance geben?

Was kann man aus der Herkunft schließen?

Mir war es nicht gleichgültig, was andere über mich und meine Herkunft sagten. Natürlich hat mich all das geprägt. Aber was kann man aus der Herkunft schließen? Wollen andere allein dadurch beurteilen, ob ich zu ihnen passe?

Schon im ersten Buch der Bibel gibt es viele Abstammungslisten. Die Väter werden genannt, die Mütter nicht. Von Adam werden 11 Generationen abgeleitet. Für ungeübte Bibelleser ist es langweilig, all die Namen zu lesen. Die Lebensgeschichten sind schon interessanter. Auch die Bedeutung von Jesus wird später durch eine Stammlinie hervorgehoben.

Für Jesus ist es nicht entscheidend, wo jemand herkommt

Doch Jesus ist es egal, woher jemand kommt. Er interessiert sich für den Menschen, der vor ihm steht. Seine Begabungen und Schwächen, seine Ansichten. Er interessiert sich für seine Bedürftigkeit. Er lässt ihn an sich herankommen. Er lädt sich bei ihm ein. Er sieht den ganzen Menschen. Er fragt ihn nicht aus. Er erkennt ihn. Und immer wieder fragt er: „Was willst Du, dass ich für Dich tue?“(Lk 18,41)

Ich selbst bin sehr dankbar, dass ich Menschen gefunden habe, die mir nach seiner Art und Weise zu einer guten Zukunft verholfen haben.

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