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Was heißt es, frei zu sein?

Was heißt es, frei zu sein?

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
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Früher, wenn ich mal zu viel erzählt habe beim Abendessen, hat mein Mann immer gesagt: „Das kannst du deinem Friseur erzählen.“ Mein Friseur heißt Michael, und manchmal reden wir über ganz wichtige Dinge. Beim letzten Mal haben wir zum Beispiel über Freiheit gesprochen. Er hat erzählt: „Das stärkste Gefühl von Freiheit habe ich gehabt, wenn ich mit dem Motorrad unterwegs war. In den Alpen, wenn niemand sonst auf der Straße war, und ich so schnell fahren konnte, wie ich wollte. Das ist absolute Freiheit.“ Er fährt immer noch gerne Motorrad – aber nach einem Unfall nicht mehr ganz so schnell wie früher.

Dann haben wir über eine andere Art von Freiheit gesprochen: „Am Wochenende, war ich auf einer Party“, hat er erzählt. „Da war tolle Musik und viele Menschen, und ich habe mich völlig unbeobachtet gefühlt. Und konnte einfach aus mir raus gehen und so tanzen, wie ich mich gefühlt habe.“ Das ist für ihn etwas Besonderes, hat er mir erklärt, nicht daran zu denken, was andere von ihm halten. Er ist so erzogen worden, immer Rücksicht zu nehmen und nicht aufzufallen. „Ja“, hat er gesagt, „das hat mir im Leben auch immer weiter geholfen. Aber gerade deshalb ist es schön, einfach mal nur zu sein. Ohne nachdenken zu müssen.“

Mir ist erst dadurch klar geworden, wie einschränkend es tatsächlich ist, wenn man immer Rücksicht darauf nimmt, was andre denken könnten. Wie oft suche auch ich in den Augen der anderen nach einem Urteil darüber, ob ich in Ordnung bin. Ob meine Frisur ok ist. Wie oft sage ich nicht, was ich denke, um nicht auf Widerspruch zu stoßen. Eigentlich überflüssig, oder? Es ist meine religiöse Grundüberzeugung, dass ich in Ordnung bin, so wie ich bin. Gott hat mich nämlich so geschaffen, und er hat das gut gemacht. Als Jugendliche, da hab ich immer gedacht: Wer mich mag, der muss mich so nehmen wie ich bin. Es ist wirklich an der Zeit, wieder zu dieser Haltung zurück zu kehren, habe ich beschlossen. Wie gut, dass ich mit meinem Friseur mal darüber gesprochen habe. Darüber, wie schön es ist, frei zu leben – frei von der Meinung anderer über mich.

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