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Vergleichen vergiftet Beziehungen
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Vergleichen vergiftet Beziehungen

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Sich mit anderen zu vergleichen, vergiftet Beziehungen – die zu anderen und die zu Gott. Das macht mir eine biblische Geschichte klar, die Jesus einmal so erzählt (Lukas 18,9-14): Ein Pharisäer geht zum Beten in die Synagoge. Pharisäer sind eine Gruppe von religiösen Laien. Sie versuchen, nicht nur die zehn Gebote im Alltag zu befolgen, sondern alle Gesetze und Vorschriften, die in der Bibel stehen. Für mich gleicht dieser Pharisäer einem Menschen, der seinen Glauben im Alltag lebt. Der versucht, mit anderen ehrlich und liebevoll umzugehen. Einer, der Frieden und Gerechtigkeit nicht nur für schöne Worte hält.

In der Synagoge fällt sein Blick auf einen Zöllner, der dort auch betet. Zöllner sind ziemlich unbeliebt. Sie arbeiten für die Römer, die verhassten Besatzer des Landes. Oft nehmen sie zu hohe Zölle und bereichern sich so auf Kosten anderer. Sie erinnern mich an Menschen, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.

Der Pharisäer betet: »Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie die anderen Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.« Er zählt Gott auf, was er alles Gutes tut. Am Ende der Geschichte verurteilt Jesus diesen Pharisäer. Was hat er falsch gemacht? Darf man sich vor Gott nicht darüber freuen, wenn man seine guten Vorsätze in die Tat umgesetzt hat? Das ist nicht der Punkt. Der Pharisäer will selbst groß rauskommen und macht dafür einen anderen klein. Er vergleicht sich mit dem Zöllner und stempelt ihn ab. Auch heute rücken Leute sich gern in ein gutes Licht, indem sie andere runterputzen. Mir fallen Sprüche ein wie »Ich bin auch nicht immer ehrlich, aber die, die lügt doch schon, wenn sie den Mund aufmacht«. Warum will ich eigentlich besser sein als andere? Wenn ich solche Vergleiche ziehe, bin ich dann stolz auf mich oder vielleicht eher unsicher?

Oft besteht da ein Zusammenhang: Je unsicherer ich bin, desto sicherer urteile ich über andere. Ich spreche anderen ihren Wert ab, weil ich selbst Angst habe, nichts wert zu sein. Vielleicht geht es dem Pharisäer ebenso.

Und er macht einen weiteren Fehler. Er präsentiert Gott, wie rechtschaffen er ist. Er denkt sich einen Gott aus, für den ein Mensch nur wertvoll ist, wenn er gute Taten vorzuweisen hat. Wer erwartet, dass Gott nur auf Erfolge und Verdienste schaut, kann sich selbst auch nur achten, wenn er etwas leistet. Was ist dann, wenn ich erschöpft bin, krank oder alt? Vor solch einem Gott müsste ich mich dann fürchten. Ganz anders sieht der Zöllner Gott. Er betet: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Er weiß, dass er gute Taten nicht vorweisen kann. Er überlässt Gott das Urteil. Von dem Zöllner sagt Jesus: »Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus.«

Deshalb lerne ich von Beiden: von dem Pharisäer, meinen Glauben ernst zu nehmen, ohne andere abzuwerten. Und vom Zöllner, dass ich immer auf Gott und sein Erbarmen vertrauen kann.

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