Türen öffnen
In der Dämmerung spaziere ich durch das Viertel, in dem ich wohne. Wie schön es hier ist – auch oder gerade jetzt, zu dieser dunklen Jahreszeit. Durch die großen Fenster der alten Häuser scheint Licht. Warm und heimelig sieht das aus. Vor allem die Haustüren haben es mir angetan. Vor einer bleibe ich stehen. Der Eingang ist erleuchtet und das ovale Glasfenster erstrahlt in der Tür. Langsam gehe ich weiter, aber nur bis ich auf die nächste Eingangstür aufmerksam werde. Ich fühle mich wie eine Entdeckerin. Als ich wieder vor meinem Haus ankomme, stehe ich lange davor und schaue. Auch hier brennt Licht, das durch ein Fenster aus mattem Glas fällt. Der helle Schein erleuchtet ein Blumenmuster, deren zarten Stiele und Blätter sich über die ganze Scheibe ranken und im Licht nun besonders hervortreten. Ich erkenne Details, die ich vorher nie wahrgenommen habe. Ich staune, wie schön das aussieht. Die Türen der Häuser sind so unterschiedlich und einzigartig wie die Menschen, die in ihnen wohnen. Ich kenne längst nicht alle. Den meisten Hausbewohnern werfe ich einen flüchtigen Gruß zu, wenn ich ihnen auf der Treppe begegne. Nur selten ergibt sich ein Gespräch.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ singen wir im Advent. Ist der Advent nicht eine Zeit, in der sich Türen öffnen? Ich denke an die Aktion „Lebendiger Adventskalender“. Menschen öffnen ihre Türen und Häuser und laden an einem Tag im Advent zu sich ein. Sie ermöglichen Begegnungen und Austausch, nehmen sich Zeit zum Reden oder Singen oder Teetrinken. Menschenherzen, die sich öffnen wie Türen, für Gott und füreinander.
Nachdenklich stehe ich immer noch draußen vor dem Haus. Da habe ich eine Idee. Eine spontane Eingebung, aber warum eigentlich nicht? Ich schreibe einen Zettel und hefte ihn von innen an die Haustür. Darauf lade ich alle Hausbewohner zu Kaffee, Tee und Plätzchen ein. Auch ich möchte gern meine Tür öffnen.
