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Schwieriger Auftrag
Bild: Jane Bo/Pixabay

Schwieriger Auftrag

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Ein Freund erzählt von seinem Vater. Der ist kurz vor Corona in eine neue Umgebung umgezogen. In seinem Alter ein gewagter und mutiger Schritt. Und er hat ihn geschafft. Er hat neue Bekanntschaften geschlossen, sich verabredet und seine neue Lebenswelt entdeckt.

Er hat seine Glauben verloren

Der Vater war immer sehr kirchlich. Ging in die Gottesdienste und suchte den Kontakt zur Gemeinde. Ein engagierter Christ. Und dann kam Corona. Lockdown und die Angst vor Ansteckung. Jetzt erzählt mein Freund: Er hat seinen Glauben verloren. Das alles sagt ihm nichts mehr. Und es macht ihm, dem Sohn, etwas aus, dass es so ist. Er weiß aber keinen Rat. Ob ich denn mal so ganz nebenbei und bei Gelegenheit ganz vorsichtig…

"Sprich du mit ihm"

Ich ahne schon, was der Auftrag sein soll: Sprich du mit ihm. Aber bitte, ohne dass er merkt, dass ich dich drum gebeten habe. Ich hole tief Luft. Das sind so ganz schräge Sachen. Ich nenne das: Gespräch über Bande, wie der Ball beim Billard. Ich gucke meinen Freund an und er weiß: Das wird nichts. Ich mache das nicht. Wenn, musst du mit deinem Vater reden.

Ich nehme solche Aufträge nicht an

Ich nehme solche Aufträge nicht an. Du möchtest gern, dass dein Vater wieder zum Glauben kommt.

War ich da zu wenig einfühlsam? Hätte ich ja mal für meinen Freund, für seinen Vater, machen können. Hätte ich. Habe ich aber nicht. Nicht weil ich meinen Freund erziehen will, auch nicht, weil ich seinem Vater nicht zu nahetreten will.

Diese Entscheidung hat mit meinem Glauben zu tun

Es hat etwas mit meinem Glauben zu tun. Ich kenne selbst diese Zeiten, in denen ich weit weg bin vom Glauben. Wo mir Gott fern ist. Wo ich mit nichts Religiösem etwas anfangen kann. Und wo ich auch keinen gebrauchen kann, der versucht hilfreich zu sein. Lass mich. Und genau das ist das Gute am Glauben, Gott lässt mich.

Auch wenn Gott fern scheint, ist er mir dennoch nah

Und das ist das Verrückte am Glauben: Selbst wenn mir Gott fern ist, ist er mir trotzdem nah. Da kann ich machen, was ich will. Auch wenn ich nichts merke, nichts spüre. Ich kann mich darauf verlassen, dass meine innere Leere sich wieder füllen wird.

Das ist mir leider erst nach dem Gespräch mit meinem Freund eingefallen. Ist aber nicht schlimm. Ich will das ja auch lernen: Nicht versuchen hilfreich zu sein, wenn’s allein bei Gott liegt.

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