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Das Gesicht - Fenster nach innen
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Das Gesicht - Fenster nach innen

Winfried Engel
Ein Beitrag von Winfried Engel, Katholischer Ltd. Schulamtsdirektor i. K. i. R., Fulda
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Wenn ich in die Gesichter meiner Enkelkinder schaue, bin ich immer wieder fasziniert. Schon vom ersten Tag ihres Lebens an sind sie der Spiegel ihres inneren Befindens. Zufriedenheit oder Unwohlsein, beides lässt sich in ihren Gesichtern unmissverständlich ablesen. Woche um Woche hat sich die Sprache ihrer Gesichter erweitert, vermochte sie mehr auszudrücken: Das Erkennen der ihnen vertrauten Menschen, die Freude bei ihrem Anblick, die Dankbarkeit für ihre Zuwendung. Hier gibt es kein Verstellen, keine vorgetäuschte Freundlichkeit, alles ist echt, kommt aus dem Innersten, spiegelt das wider, was das Kind wirklich empfindet. Das wird so nicht bleiben, das weiß ich. Mit zunehmendem Alter werden sie ihren Gesichtsausdruck dem anpassen, was die Situation verlangt. Bis hin zu einem Verhalten, in dem der Gesichtsausdruck mit dem Innersten nicht mehr übereinstimmen muss, ja sogar das Gegenteil ausdrücken kann.
Die Begegnungen mit meinen Enkelkindern machen mir aber immer wieder deutlich, welche Bedeutung ein Gesichtsausdruck für den zwischenmenschlichen Umgang haben kann. Wenn er offen und ehrlich ist, kann er vieles erleichtern. Da denke ich zuerst an das Vertrauen, das ich darin erkennen könnte. Doch leider lehrt die Erfahrung: Ein freundliches und vertrauenerweckendes Gegenüber kann mich auch zutiefst enttäuschen. Damit muss ich leben, ja damit muss ich rechnen. Meine Enkelkinder haben mich jedoch gelehrt, meinem Gegenüber genauer ins Gesicht zu schauen. Nicht in erster Linie mit dem prüfenden Blick, ob er oder sie es ehrlich mit mir meint. Vielmehr mit dem Interesse, mein Gegenüber richtig wahrzunehmen. Das Gesicht ist so etwas wie ein Fenster in das Innere eines Menschen. Fenster kann man öffnen oder schließen. Offene Fenster möchte ich nicht verpassen.

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